Gastbeitrag - Hamburger Forscher interpretieren Klimadaten aus dem All, um mit ihnen heiße Sommer vorhersagen zu können

Hamburg. Niederschlag, Temperatur, Verdunstung aus dem Boden und durch Pflanzen: Viele Faktoren beeinflussen das Klima über Land. Mit dem Blick von ganz oben, nämlich mit Hilfe der Satellitenfernerkundung, gewinnen meine Kollegen und ich am KlimaCampus Informationen über dieses bodennahe Klima.

Eine wichtige Komponente ist dabei der Wassergehalt im Boden. Fast jeder weiß: Wer erfrischt aus dem Badesee steigt, fängt trotz Sonnenschein oft leicht zu frösteln an. Woran das liegt? Wenn Wasser auf der Haut verdunstet, entzieht es dem Körper und der umliegenden Luft Wärmeenergie, Verdunstungskälte entsteht. Ähnlich verhält es sich mit der Feuchtigkeit im Boden. Kann Wasser verdunsten, so sorgt es für einen kühlenden Effekt an der Erdoberfläche. Je feuchter der Boden ist, desto länger bleibt es also kühl. Herrscht allerdings Wassermangel, heizt sich die Luft stärker auf.

So auch im Rekordsommer 2003: Unsere Satellitendaten zeigten bereits im März, April und Mai stark verringerte Werte für die Bodenfeuchte - schon vor der Hitzewelle. Mit anderen Faktoren zusammen ist dies ein nützliches Indiz für eine kommende Hitzeperiode. Bindet man in Zukunft solche Daten in Vorhersagemodelle ein, kann man Hitzewellen besser voraussagen und so die negativen Folgen mildern.

Als Großprojekt am KlimaCampus erstellen wir zurzeit einen Langzeit-Datensatz mit Klimainformationen ab 1980. Die Daten aus dem All sind jedoch nicht immer leicht zu interpretieren. Denn nachdem ein Satellit fünf bis zehn Jahre lang im Einsatz war, muss er abgelöst werden. Doch wie beim Auto ändern sich Technik und Modell beinahe jede Saison. Schlecht für die Kontinuität: In den Messreihen können "Sprünge" auftreten.

Um die Daten trotzdem vergleichbar zu machen, entwickeln wir verschiedene Korrekturverfahren. Eines davon nutzt Daten aus Wüstengebieten. Diese analysierten wir für mehrere Jahrzehnte und konnten davon ausgehen, dass die monotone Fläche die Sonne praktisch immer gleich reflektiert. Der hierzu vom Satelliten ermittelte Albedo-Wert (Albedo = Rückstrahlvermögen) müsste also ebenfalls über die Jahre gleich bleiben. Ist dies nicht der Fall, gehen die Datensprünge offensichtlich auf den Satellitenwechsel zurück. Anhand der Abweichungen entwickelten wir so ein Korrekturverfahren. Mit Erfolg: Die Daten sind anschließend nicht nur präziser, wir können auch neue Klimaereignisse der Vergangenheit herauslesen. So ist jetzt der zeitliche Verlauf der Sahel-Dürre der 1970er- und 80er-Jahre deutlich zu erkennen.

Jeder einzelne Datensatz braucht dabei eine individuelle Korrektur. Im Team erzeugen wir deshalb jetzt den globalen Datensatz der vergangenen 30 Jahre - und zwar für jeden einzelnen Tag und Ort der Erde. Damit Forscher weltweit ihre Klimamodelle auf Genauigkeit überprüfen können, werden wir die Daten demnächst im Internet frei zur Verfügung stellen.