Informatiker entwickeln ein System, mit dem Dateien und Bilder ein Verfallsdatum bekommen können

Saarbrücken. Nicht nur Datenschützer warnen schon lange davor: Das Internet vergisst nichts und speichert vieles sogar gleich mehrfach ab. Wer private Daten auf einer Webseite löscht, weiß daher noch lange nicht, ob sie damit auch wirklich aus dem Internet verschwunden sind. Saarbrücker Informatiker haben jetzt eine Art Radiergummi für digitale Daten entwickelt: ein System, mit dem jeder seine Dateien und Bilder mit einem Verfallsdatum versehen kann, bevor er sie ins Internet stellt.

"Den Schlüssel, den man zum Lesen der Daten benötigt, legen wir auf mehreren Servern ab", erklärt Michael Backes, Professor für Informationssicherheit und Kryptografie der Universität des Saarlandes. Wenn jemand dann die Daten auf den Webseiten abrufen will, muss der betreffende Rechner dafür erst den Schlüssel anfordern. "Diese Abfrage und die Ver- und Entschlüsselung geschieht vollautomatisch im Hintergrund, ohne dass der Benutzer aktiv werden muss", sagt Backes.

Für den Internetnutzer ist ein solches System einfach zu bedienen und nur mit einmaligem, sehr geringem Aufwand verbunden. Nötig ist nur ein Programmzusatz (Add-on) für einen gängigen Internetbrowser. "Wer zum Beispiel sichergehen will, dass ein Partybild im sozialen Netzwerk nach ein paar Monaten verschwindet, gibt einfach schon beim Hochladen des Fotos ein Verfallsdatum ein", sagt Michael Backes. Der Server, auf dem die Schlüssel für die Daten gespeichert sind, merkt sich dieses Datum und löscht dann nach Ablauf der Frist alle herausgegebenen Schlüssel. So können die Daten auf den Webseiten nicht mehr aufgerufen werden. "Ziel unserer Forschung ist es, dass jeder Einzelne die Kontrolle über seine Daten behält", so der Informatiker.

Laut Backes muss ein in der Praxis wirksames System die Hürde vor allem für die großen Suchmaschinen wie Google oder Yahoo sehr hoch setzen, die nach dem Motto "Durchsuche alles, speichere alles und stelle es mehrfach zu Verfügung" (Caching) verfahren. Eine solche vollautomatische Speicherung stellt einen der Hauptgründe dar, dass Daten nicht vergessen werden. Deshalb werde noch eine zweite Sicherheitsstufe in das System eingebaut.

Dafür werden sogenannte Captchas verwendet, eine Art Puzzle, das der Mensch recht einfach lösen kann, aber ein Rechner nicht automatisch zu entziffern weiß. "Wer zum Beispiel ein privates Video auf einer Webseite betrachten oder eine private Fotosammlung anschauen will, muss mithilfe des Captchas eine Buchstabenfolge manuell eingeben", erklärt Backes.

Einen ersten Prototypen der Software soll es noch im Juli geben, zunächst für den Firefox-Browser. Allerdings bietet das System keine 100-prozentige Sicherheit. Wenn etwa jemand die Daten während der vorgegebenen Veröffentlichungsfrist kopiert und ins Netz stellt, hilft auch die Verschlüsselung nicht mehr. Doch anders als derzeit müssten sich Nutzer große Mühe machen, sagt Backes.