München. In Joghurt enthaltene Milchsäurebakterien können nach einem Durchfall oder der Einnahme von Antibiotika die Darmflora positiv beeinflussen; zuletzt gab es vermehrt Hinweise, dass die Mikroorganismen auch entzündungshemmend wirken und dadurch Krankheiten vorbeugen können. Warum, war allerdings unklar. Ein Forscherteam um Prof. Dirk Haller von der TU München will nun den biochemischen Mechanismus entschlüsselt haben, der für den Schutz sorgt. In Versuchen mit Mäusen habe sich gezeigt, dass Lactocepin - ein von dem Milchsäurebakterium Lactobacillus paracasei produziertes Enzym - entzündungsfördernde Botenstoffe (Chemokine) abbaue, berichten die Forscher im Journal "Cell Host & Microbe".

Chemokine helfen normalerweise als Teil der Immunabwehr dabei, Abwehrzellen zu den Infektionsherden zu leiten. Bei chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa ist dieser Abwehrmechanismus aber gestört. Chemokine wie IP-10 tragen dann dazu bei, dass das angegriffene Gewebe entzündet bleibt.

"Lactocepin ist in der lebensmitteltechnologischen Forschung ein alter Bekannter", sagt Dirk Haller. "Überraschend ist jedoch die Kraft, mit der das Enzym bestimmte Entzündungsbotenstoffe abbaut." Der Forscher plant klinische Studien, um eine pharmazeutische Anwendung des Enzyms zu prüfen.

Manche Bakterienstämme wie der untersuchte Lactobacillus paracasei produzierten hochpotente Lactocepine, bei anderen Bakterien stehe der Nachweis der Wirksamkeit noch aus, sagt Haller. Er warnt deshalb vor falschen Versprechen: "Nicht jedes Produkt, das als 'probiotisch' bezeichnet wird, hat diesen Namen auch verdient."