Vor allem Allergiker in Städten sind betroffen - laut einer Studie ist die steigende CO2-Konzentration die wahrscheinlichste Ursache

München. Wenn die Pollen wieder fliegen, beginnt für Millionen Menschen die Heuschnupfenzeit. Einer Studie zufolge müssen sich die Menschen in Europa in Zukunft auf eine noch höhere Allergiebelastung einstellen. Die Pollenmenge sei in den vergangenen Jahren europaweit deutlich gestiegen, berichtet ein internationales Forscherteam um die Ökoklimatologin Prof. Annette Menzel von der Technischen Universität München auf Grundlage von Pollenzeitreihen aus 13 Ländern im Online-Fachjournal "Plos One" ("Public Library of Science One"). Städte sind demnach besonders betroffen: Im Durchschnitt habe der Zuwachs der Pollenmenge in urbanen Gebieten bei drei Prozent im Jahr gelegen, in ländlichen Gegenden sei es ein Prozent pro Jahr gewesen, teilte die TU gestern mit.

Mit dem Klimawandel werde sich dieser Trend noch verstärken, erläuterten die Wissenschaftler. Wahrscheinlichste Ursache für die Zunahme sei die steigende CO2-Konzentration. Laborversuche und einige Freilandstudien hätten gezeigt, dass eine höhere Kohlendioxid-Konzentration in der Luft das Pflanzenwachstum und damit die Pollenproduktion beschleunigen könne. Mildere Temperaturen und zugewanderte Pflanzenarten sorgten zudem für eine längere Pollenflugsaison.

"Das Stadtklima ist heute bereits wärmer und trockener", sagt Menzel. Aufgrund der dichten Bebauung liege die Temperatur um ein bis drei Grad höher als außerhalb der Städte. Je trockener, desto mehr Pollen: Regen würde die Pollen aus der Luft auswaschen. Hinzu kommt eine höhere Luftverschmutzung in den Städten: Auch CO2- und Schadstoffwerte in der Luft seien dort oft erhöht. Daher nutze die Ökoklimatologin urbane Gebiete als "Experimentierfeld". Eine Entwarnung für Landbewohner gibt die Forscherin dennoch nicht: "Wir finden in städtischen Gebieten bereits heute die Bedingungen vor, die wir künftig ebenfalls für ländliche Gegenden erwarten."

Allerdings sei nicht nur die Menge der Pollen für die Abschätzung künftiger Allergiebelastungen entscheidend - Pollen seien nur die Träger von allergiefördernden Substanzen. Die Allergietrends in Städten und ländlichen Gebieten erforschte Menzel deshalb zusammen mit der Allergologin Prof. Claudia Traidl-Hoffman vom Zentrum Allergie und Umwelt von TU und Helmholtz-Zentrum München.

Deren Untersuchungen zufolge schwankt die Freisetzung von allergiefördernden Substanzen von Jahr zu Jahr; zudem gibt es Unterschiede zwischen Pollen aus ländlichen und urbanen Gebieten. Detaillierte Forschungsergebnisse sollen demnächst vorliegen. Die Wissenschaftlerinnen sind jedoch überzeugt: "Der Blick in die Klimazukunft fällt nicht nur für Stadtbewohner unerfreulich aus." In Deutschland leidet schon jetzt etwa jeder Vierte an Allergien, Tendenz steigend.

In die Untersuchung flossen Daten aus mehr als 1200 Pollenzeitreihen von 97 Orten ein, davon lagen mehr als 30 in Deutschland. Die Forscher berücksichtigten Messwerte aus den Jahren 1977 bis 2009.