Kiel. Die weltweit verbreitete Kalkalge Emiliania huxleyi kommt mit der zunehmenden Versauerung der Meere besser zurecht als bislang angenommen. Zwar wird die Schale des Einzellers in saurem Wasser anfangs dünner, nach einem Jahr erreicht sie jedoch wieder fast ihre ursprüngliche Dicke. Das haben Kieler Forscher in einem einjährigen Laborexperiment herausgefunden. Das Ergebnis zeige, dass es Organismen gebe, die sich längerfristig auf die durch den Klimawandel verursachte Meeresversauerung einstellen können. Ein Grund zur Entwarnung sei dies allerdings nicht, schreiben die Forscher im Journal "Nature Geoscience".

Ihnen zufolge nehmen die Ozeane derzeit etwa ein Drittel des vom Menschen durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas freigesetzten Kohlendioxids (CO2) auf. Dabei entsteht Kohlensäure, das Meer wird angesäuert. Chemiker sprechen von einem sinkenden pH-Wert. Aus Kurzzeitexperimenten ist bekannt, dass diese Versauerung vielen Lebewesen mit einem Kalkskelett schadet, etwa Korallen, Muscheln und eben einzelligen Algen. Sie können aus dem saureren Wasser weniger Kalziumkarbonat als Baumaterial für ihre Schalen gewinnen. Ob die Organismen diesen Mangel im Laufe der Zeit kompensieren können, war bisher unklar.

Emiliania huxleyi kann das offenbar, und zwar durch Veränderungen im Erbgut, wie die Versuche der Kieler Forscher ergaben. Die Mutationen halfen der Alge, ihre Schalen auch bei saureren Bedingungen zu bauen. Außerdem wirkte die Selektion: Im Laufe der Zeit setzten sich die genetischen Typen durch, die besser mit der neuen Umwelt zurechtkamen. Die Alge schaffte diese Anpassung in 500 Generationen.

Emiliania huxleyi spielt eine wichtige Rolle für den globalen Kohlenstoffkreislauf: Einerseits bindet sie durch Fotosynthese große Mengen CO2 und transportiert es in die Tiefsee. Gleichzeitig bildet sie Kalziumkarbonat. Dabei kommt es zur Ansäuerung des Wassers, das dann CO2 freisetzt. Beide Prozesse wirken auf die Kapazität der Ozeane, CO2 aufzunehmen.