Nachtigall-Männchen fühlen sich von Rivalen bedroht, die auf einer Stufe mit ihnen trällern

Basel. Steht etwas oder jemand über einem, wird das oftmals als bedrohlich empfunden. Nicht so bei Nachtigall-Männchen: Ihnen machen Rivalen auf Augenhöhe Bedenken. Singen diese auf gleicher Höhe, wirken sie gefährlicher auf ihre Rivalen, als wenn sie von höher liegenden Ästen singen. Das berichten Forscher der Universität Basel und des Netherlands Institute of Ecology in der Fachzeitschrift "Plos One". Eigentlich hatten die Wissenschaftler das Gegenteil erwartet.

Laut früheren Studien lösen Rivalen, die beim Singen zwischen mehreren Orten (sogenannten Singwarten) wechseln, beim Revierinhaber besonders starke vokale Reaktionen aus. In ihrem Experiment spielten die Forscher nun revierbesitzenden Nachtigallen Gesang aus Lautsprechern vor. Befand sich der simulierte Rivale drei Meter höher als der Revierinhaber, sang dieser ungerührt weiter. Wenn der Gesang jedoch aus gleicher Höhe kam, sang der Revierinhaber schneller und fiel dem Rivalen aus dem Lautsprecher ins Wort. Damit empfanden die Nachtigallen die auf Augenhöhe singenden Rivalen offenbar als bedrohlicher.

"Wir hatten eigentlich das umgekehrte Ergebnis erwartet", sagt der Zoologe Dr. Valentin Amrhein von der Universität Basel. Männchen, die von höheren Ästen aus singen, setzten sich nämlich stärkerem Wind und einer größeren Gefahr durch Greifvögel aus. Da sich nur Vögel in bester Kondition solche hohen Singwarten leisten können, hatten die Forscher vermutet, dass es eher die höher singenden Rivalen sind, die gefährlicher wirken.

Nun spekulieren die Forscher, dass Revierinhaber hoch singende Rivalen deshalb nicht als bedrohlich empfinden, weil sie davon ausgehen, dass diese nur auf der Durchreise sind. Eine andere Erklärung ist, dass sich von hohen Büschen singende Nachtigallen gar nicht gegen andere Männchen richten, sondern vielmehr versuchen, ein Weibchen anzulocken.