Das Wachstum des größten Mannes der Welt wurde bei 2,51 Metern durch Medikamente gestoppt. Wie Ärzte in solchen Fällen helfen können.

Hamburg. Der größte Mann der Welt ist endlich mit 2,51 Metern ausgewachsen. Ein Tumor in seiner Hirnanhangsdrüse schüttete so viel Wachstumshormon aus, dass der heute 29-jährige Türke stetig weiterwuchs. Jetzt konnte sein Wachstum durch Medikamente und die Bestrahlung des Tumors beendet werden. Nur sehr selten ist eine solche Hormonstörung die Ursache eines Hochwuchses. Meist erklärt sich das etwas übertriebene Gardemaß durch familiäre Einflüsse. So wie bei Fabian, der mit gerade elf Jahren bereits 1,83 Meter groß ist. Sein Vater misst 2,10 Meter und die Mutter 1,81. In seiner Klasse überragt der Junge mittlerweile sogar fast alle Lehrer und die Kameraden fragen ihn: "Wie ist denn die Luft da oben?" Fabian findet diese Neckereien nicht mehr lustig. Er macht sich Sorgen, ob er später passende Schuhe, Hosen, Betten oder Autos finden wird und ob sich wohl Frauen mit einem solchen Riesen einlassen. Denn die Ärzte haben ihm eine Endgröße von 2,15 Metern vorhergesagt.

Wie wird eine solche Prognose erstellt? "Wir vergleichen das Röntgenbild der linken Hand mit einem speziellen Atlas und bestimmen so das Knochenalter, was wiederum die Berechnung der Endgröße ermöglicht", sagt der Kinder-Hormonspezialist Prof. Joachim Partsch vom Endokrinologikum in Hamburg. Zudem sei es wichtig, die Wachstumsfaktoren im Blut und die Pubertätsentwicklung zu beurteilen. Just die Sexualhormone verschließen die Knochenfugen und beenden dadurch das Wachstum. Kommt jemand also früh in die Pubertät, ist er auch meist früh ausgewachsen.

Um das Wachstum in manchen Fällen zu bremsen, verordnen Ärzte besonders hochgeschossenen Mädchen Östrogene (weibliche Hormone) und den Jungen Testosteron (männliches Sexualhormon). "Wir beginnen eine Behandlung aber nur, wenn die Prognose bei Jungen über 2,05 und bei Mädchen über 1,85 Metern liegt", sagt Partsch. Die Pubertät schreitet dann rasant voran. Innerhalb weniger Wochen fließt bei den Mädchen das Blut der ersten Regel und bei den Jungen rutscht die Stimmlage eine halbe Oktave tiefer. Gleichzeitig werden die Knochenfugen enger und die Größenprognose sinkt.

+++Arbeitslosigkeit wirkt sich auf Körpergröße der Kinder aus+++

+++Zahlreiche Gene bestimmen die Körpergröße+++

Etwa die Hälfte des bei Behandlungsbeginn ausstehenden Wachstums kann so verhindert werden. Je früher die Hormongabe erfolgt, desto effektiver die Bremsung. "Erst wenn ein Kind schon in der Pubertät ist, sollte die Behandlung begonnen werden, weil es sonst für die drastischen Körperveränderungen seelisch noch nicht bereit ist", sagt der Hormonspezialist Dr. Ilker Akkurt vom Altonaer Kinderkrankenhaus. Kritiker der Therapie prangern die "kosmetische Indikation" an und verweisen auf potenzielle Nebenwirkungen. "Ob das Brustkrebsrisiko im späteren Leben steigt, ist nicht bekannt", sagt Akkurt. Wissenschaftlich bewiesen sei das Thromboserisiko unter hochdosierten Östrogenen. Auch können die Mädchen an Gewicht zunehmen und später länger brauchen, um schwanger zu werden. Bei Jungen sind Pickel die häufigste Nebenwirkung; auch nimmt ihr Hodenvolumen vorübergehend ab. Das wirkt sich aber laut einer Studie der Unikliniken Münster und Rotterdam nicht auf die Zeugungsfähigkeit aus.

Wenn bei einem Kind ein deutlich zu hohes Wachstumshormon im Blut festgestellt wird, untersuchen die Ärzte mithilfe einer Kernspintomografie die Hirnanhangsdrüse. Findet sich dort ein Tumor, muss eine Operation durchgeführt werden.

Wer keinen Hormonüberschuss hat, aber aus familiären Gründen die Veranlagung zum Riesen in sich trägt, entscheidet sich meist für eine wachstumsbremsende Therapie, wenn die Eltern selber unter ihrer Größe gelitten haben. Einer Untersuchung der Unikinderklinik Tübingen zufolge klagt die Gruppe der hochwüchsigen Mädchen, die behandelt wurde, wesentlich häufiger über Hänseleien als die unbehandelte. Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass es für die psychosoziale Anpassung großer Menschen egal ist, ob sie Hormone erhielten oder nicht. Fabian hat sich jedoch bereits entschlossen: Er möchte so schnell wie möglich mit der Therapie beginnen.

Der Autor Wüsthof ist Medizinjournalist und Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin im Endokrinologikum in Hamburg.