Aus kompostierbaren Abfällen erzeugt die Stadtreinigung neben Dünger jetzt auch erfolgreich Biogas

Bützberg. "Unsere Anlage bringt in den ersten Betriebswochen gute Gaserträge", sagt Dr. Anke Boisch, Leiterin Ressourcenwirtschaft und Technik der Stadtreinigung Hamburg. Sie ist mit der Startphase einer großen Biogasanlage zufrieden, mit der die Stadtreinigung aus Bioabfällen zugleich Energie und Kompost gewinnt.

Seit Anfang Dezember nimmt die Anlage, die die Stadtreinigung Hamburg in Kombination mit der bereits vorhandenen Kompostanlage in Bützberg (Gemeinde Tangstedt) am nordöstlichen Stadtrand betreibt, allmählich ihren Betrieb auf. Die Biogasproduktion beendet die wenig rühmliche Müllvergangenheit, in der kompostierbare organische Abfälle ungenutzt auf Deponien landeten oder - wie heute noch der Restmüll - verbrannt wurden. Mit der 14 Millionen teuren Pionier-Investition in Bützberg gelinge es nun, den Ressourcen-Kreislauf zu schließen, betont Rüdiger Siechau, Chef der Stadtreinigung. "Mehr geht nicht", sagt Siechau und freut sich über eine neue Ära, bei der zugleich Strom, Wärme und Kompost aus den Inhalten der Biotonnen produziert wird. Dazu wird das Biogas in einer Aufbereitungsanlage des Energiekonzerns Vattenfall auf Erdgasqualität gebracht und ins Gasnetz des Versorgers E.on eingespeist. Alternativ will Vattenfall das grüne Gas in dezentralen Blockheizkraftwerken nahe an den Verbrauchern in Strom und Wärme umwandeln.

Während die unter voller Auslastung erzeugte Energiemenge den Strombedarf von rund 10 000 Zwei-Personen-Haushalten deckt, gewinnt man aus dem Gärrest rund 35 000 Kubikmeter Qualitätskompost. Die Nachfrage nach diesem wertvollen Erdenprodukt ist hoch, sowohl Landwirte als auch Garten- und Landschaftsbauer interessieren sich für das Humus aufbauende Substrat.

Noch fahre man nicht an die Kapazitätsgrenze, so Boisch. Für das erste Jahr erwartet sie eine Auslastung von 80 Prozent. Dies entspricht einer Bioabfallmenge von rund 50 000 Tonnen (Gewichtsangabe, nicht Behälter). Damit ist das Hamburger Bioabfallpotenzial von 70 000 Tonnen noch nicht erschöpft. Denn bisher nutzen nicht alle 890 000 Haushalte eine Biotonne, besonders Vermieter stellen sie ihren Mietern nur zögerlich zur Verfügung. So landet energiereiche Biomasse oftmals noch im Restmüll.

Die von außen futuristisch anmutende Trockenfermentations-Anlage kann mit ihren insgesamt 21 nebeneinanderliegenden garagenartigen Gärbehältern (jeweils 24 Meter lang, fünf Meter breit, 4,50 Meter hoch) jährlich den Inhalt von rund 100 000 Hamburger Biotonnen vergären. Sie ist damit einer der größten ihrer Art und zieht derzeit die Aufmerksamkeit vieler Abfall-Akteure auf sich. Bei voller Auslastung soll die Anlage stündlich 600 Kubikmeter Rohbiogas erzeugen, was einer Kraftwerksleistung von etwa 3,5 Megawatt entspricht.

Das von der Stadtreinigung angewandte Verfahren einer sogenannten trockenen Biomüll-Vergärung (Fermentation) hat im Gegensatz zu der in der Landwirtschaft üblichen Nassfermentation den Vorteil, dass sie die saisonal bedingten Mengenschwankungen sowie die oftmals leicht unterschiedliche Zusammensetzung des Abfalls aus Privathaushalten am besten abpuffert.

Die Berliner Stadtreinigung baut im Stadtteil Ruhleben dagegen eine Biogasanlage, bei der der organische Abfall zunächst mit Wasser zu einem Brei verrührt und nach der Vergärung in eine flüssige und eine feste Fraktion zerlegt wird. Die Berliner wollen auf diese Weise rund 60 000 Tonnen Bioabfälle vergären. Das Gas soll vor Ort aufbereitet ins Erdgasnetz eingespeist werden. In Zukunft will die Stadtreinigung das selbst erzeugte Biogas sogar als Kraftstoff für den eigenen Fuhrpark nutzen. Die jährliche Energiemenge von 34 Millionen Kilowattstunden reicht aus, um 150 mit Gasmotoren ausgestattete Müllfahrzeuge über zwölf Monate anzutreiben - und 2,5 Millionen Liter Diesel zu sparen.

Auch bei der Hamburger Anlage sind weitere Innovationen in Sicht: Vattenfall überlegt, das bei der Verbrennung des Biogases in den Blockheizkraftwerken anfallende Kohlendioxid aus dem Abgas abzutrennen und an die nahe liegende Biogärtnerei von Gut Wulksfelde zu liefern. Dann ließe das grüne Gas aus den städtischen Bioabfalltonnen neues Grün besser sprießen.