Die USA sahen sich Anfang der 60er Jahre im Weltraum-Rennen mit der Sowjetunion im Zugzwang. Deshalb wurde John Glenn um die Erde geschickt.

Washington. Erneut mussten die Amerikaner am 12. April 1961 mit Entsetzen mitansehen, wie die verhasste Sowjetunion sie in der Raumfahrt brüskierte. Der Kosmonaut Juri Gagarin umrundete als erster Mensch die Erde, wurde die bittere Niederlagenserie im Rennen um die Vorherrschaft im All für die USA nicht nur länger, sondern auch richtig peinlich. Sie hatten bis dahin nicht einmal einen Menschen in den Orbit bringen können – das gelang erst Wochen später dem Astronauten Alan B. Shepard mit einem Kurzausflug in 187 Kilometer Höhe.

Fast zehn Monate – im damaligen Weltraumsprint der Supermächte eine Ewigkeit – musste die Nation warten, bis sie den Erfolg der Russen kopieren konnte. Am 20. Februar 1962 schickte die Raumfahrtbehörde Nasa den 40 Jahre alten Astronauten John Glenn auf die bis dahin wichtigste Reise eines Amerikaners im All. Als er nach

296 Minuten und drei Erdumrundungen mit der „Friendship 7“-Kapsel am Fallschirm sicher im Atlantik landete, waren von Maine bis Hawaii vermutlich etliche erleichterte Seufzer zu hören.

Glenn wurde nach seiner Rückkehr landesweit mit Konfettiparaden gefeiert. Präsident John F. Kennedy, der seinen Landsleuten die Mondlandung bis Ende des Jahrzehnts versprach, empfing den damaligen Oberstleutnant mit Pauken und Trompeten. Sein Flug war mehr als der geglückte Test eines Raumschiffes, mehr als ein Beweis, dass Menschen mit der Schwerelosigkeit klarkommen. Er war für die USA ein großer politischer Triumph im Kalten Krieg. Seht her, lautete die Botschaft an die Sowjets, wir werden Euch bald überholen.

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Dabei war der Flug alles andere als reibungslos verlaufen. Der Start sowie der Eintritt in die Umlaufbahn klappten zwar plangemäß und nach knapp 90 Minuten hatte Glenn die erste Erdumrundung gemeistert – doch das automatische Steuersystem wollte nicht recht mitspielen. Glenn musste auf Handsteuerung umschalten. Seine Erfahrung beschrieb der ehemalige Marineflieger und studierte Mathematiker danach in für ihn typisch nüchterner Weise: „Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass ich in Folge der Schwerelosigkeit an Schaltern vorbeigreifen würde“.

Dramatisch wurde es bei der Landung: Das Bremsgerät löste sich vor dem Wiedereintritt in die Atmosphäre nicht. Am Fenster der „Mercury“-Kapsel rasten glühende Trümmerstücke vorbei. Doch ihr Hitzeschild hielt, die Katastrophe blieb aus. Weiteren bemannten Erdumkreisungen stand nichts mehr im Weg. Am 15. Mai 1963 krönte der Astronaut Leroy Cooper das Programm mit 22 Runden um den Planeten und leitete den Übergang zum Zweimann-Projekt „Gemini“ ein, dem nächsten Schritt der USA auf dem Weg zum Mond.

Glenn sicherte sich mit seinem Flug einen Ehrenplatz in der US-Raumfahrtgeschichte. So richtig kam er zwar nie darüber hinweg, nur der dritte und nicht der erste US-Bürger im Weltraum gewesen zu sein. Doch der heute 90-Jährige sollte noch Gelegenheiten für weitere historische Leistungen bekommen. So startete er am 29. Oktober 1998 als ältester Astronaut mit dem Space Shuttle „Discovery“ zu einem neuntägigen Weltraumeinsatz. Damals war er 77 Jahre alt. Die Reise überstand er problemlos.

Zwischendurch saß Glenn fast ein Vierteljahrhundert im US-Senat. Noch heute ist er eine gewichtige Stimme, wenn es um Raumfahrt geht. Die ersatzlose Ausmusterung der Space-Shuttle-Flotte kritisiert er ebenso wie die Sparmanöver von US-Präsident Barack Obama. Er sieht dadurch auch seine Pionierleistung geschmälert. Heute läuft das Land Gefahr, in der Raumfahrt von Ländern wie China oder Indien abgehängt zu werden.

Die Zeiten nationaler Wettrennen seien ohnehin vorbei, meinte Glenn jüngst in einem Interview mit der Zeitung „Florida Today“. „Die meisten Menschen denken beim Weltall an Reisen zum Mars oder Mond. Aber der Zweck ist nicht nur, Menschen dahin zu schicken, am Leben zu halten und wieder zurückzubringen. Es ist auch die Grundlagenforschung dort draußen, die den Menschen hier auf der Erde dient.“