Fischereiforscher ermitteln große Garnelenbestände und führen dies auch auf die vergangenen kalten Winter zurück

Hamburg. "So viele Garnelen wie in diesem Winter haben wir seit 20 Jahren nicht gefunden." So lautet das Fazit von Dr. Thomas Neudecker, Leiter der Forschungsfahrt auf der "Solea" zur Erhebung der Nordseekrabbenbestände. Alljährlich im Januar sind die Wissenschaftler des Instituts für Seefischerei (Hamburg) im von-Thünen-Institut (vTI) den Garnelen auf der Spur.

Trotz jährlich schwankender Bestände registrieren die Forscher seit Jahrzehnten generell einen Aufwärtstrend in der Deutschen Bucht. Neudecker führt dies vor allem auf die Bestandsrückgänge bei Kabeljau und Wittling zurück, die dem Garnelennachwuchs nachstellen. "Die Bestände der Fressfeinde sind in erster Linie durch den Klimawandel und nicht durch die Fischerei drastisch gesunken", betont Neudecker, der gestern in Cuxhaven von Bord der "Solea" ging.

Die jährlichen Schwankungen schreiben die Wissenschaftler vor allem der Winterwitterung zu. Die langjährige Januar-Inventur zeigt, dass besonders viele Krabben zu finden sind, wenn der vorangegangene Winter sehr kalt war. Dies trifft auf die Winter 2009/2010 und 2010/2011 zu. Gerade der vergangene Winter bescherte den Krabbenfischern im Herbst Rekordfänge, allerdings bei sehr niedrigen Preisen.

Warum die winterliche Kälte den Krabbennachwuchs stärkt, ist noch nicht erforscht. Neudecker: "Wir wissen sehr wenig über die Reproduktion der Garnelen, wir sehen den Zusammenhang nur aufgrund der vorliegenden Wetter- und Bestandsdaten." Die Strömungsverhältnisse könnten einen Einfluss auf die Entwicklung der Larven haben, die von den Elterntieren jeweils im Februar/März in die Nordsee entlassen werden. Vielleicht spiele auch die Wassertemperatur eine Rolle, vermutet der Garnelenexperte.

Wie gut der Nachwuchsjahrgang (und damit der Fang im Herbst) 2012 ausfallen wird, lasse sich erst Ende März/Anfang April abschätzen, so Neudecker - ein großer Elternbestand führe nicht unbedingt zu einer starken Nachwuchsgeneration. Umgekehrt gab es auch schon nach Bestandseinbrüchen sehr viel Krabbennachwuchs.

An die 90-mal warfen die Forscher in den vergangenen zwei Wochen ihre Netze aus. Sie fingen zum Teil besonders große Garnelen. Auch dies sei ein Hinweis auf die gute Bestandssituation, sagt Neudecker. Dazu passt der Trend in der Krabbenfischerei zu größeren Sieb- und Maschenweiten. Auf diese Weise kommen nur die großen Krabben in den Kochtopf. Die kleineren werden zurück in die Nordsee geworfen, damit sie sich redlich vermehren.