Mannheim. Schmerzforscher der Medizinischen Universität Wien und der Universität Mannheim haben eine Entdeckung gemacht, die möglicherweise die Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen verändern wird. Bei Versuchstieren konnten die Mediziner mit einer hoch dosierten Gabe von Opioiden (morphinähnliche Substanzen) das Schmerzgedächtnis, das für chronische Schmerzen verantwortlich ist, löschen.
Schmerzen sind stets unangenehm, und trotzdem als Warnsignal unverzichtbar, um den Körper auf Gefahr hinzuweisen und auf diese Weise zu schützen. Neben dem akuten Schmerz als normaler Reaktion des Körpers gibt es auch den chronischen Schmerz, der bestehen bleibt, wenn der Auslöser der normalen Schmerzreaktion längst nicht mehr vorhanden ist. Über längere Zeit andauernder akuter Schmerz führt dabei zu zellulären Veränderungen an den Synapsen, den Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Rückenmark.
Über die sogenannte synaptische Potenzierung bildet sich eine "Gedächtnisspur", die sich als Schmerzgedächtnis im Rückenmark ausbildet. Genau diese Gedächtnisspur lässt sich durch Opioide wieder löschen. Opioide werden in der Langzeittherapie von Schmerzen eingesetzt. Sie lindern Schmerzen, solange sie dem Körper zugeführt werden. Bislang war es jedoch nicht gelungen, damit auch die Ursachen von Schmerzen zu beheben.
Die aktuellen Untersuchungen sind an Versuchstieren in Narkose durchgeführt worden. Dabei wurden Schmerzfasern kontrolliert erregt und die Gedächtnisbildung im Rückenmark aufgezeichnet. Das Absetzen von Opioiden kann Schmerzen verursachen. Die Forscher haben nun gezeigt, dass eine hohe Dosis von Opioiden einen ebenso starken Effekt erzielt. Sie konnten nachweisen, dass eine hoch dosierte Kurzzeittherapie Veränderungen an den Synapsen verursacht, die die Gedächtnisspur im Rückenmark löschen kann.
Studien mit chronischen Schmerzpatienten sind in Planung. Die Hoffnung der Mediziner ist, dass in Zukunft Schmerzen nicht mehr nur symptomatisch behandelt, sondern die Ursachen von chronischen Schmerzen, die Ausbildung des Schmerzgedächtnisses, beseitigt werden können.
(HA)