Raumfahrtexpertin plädiert für Frühwarn- und Abwehrsysteme gegen Meteoriten, die die Erde bedrohen

Hamburg. Der nächste Einschlag kommt bestimmt. Nur wann genau, an welcher Stelle und mit welcher Wucht der nächste Gesteinsbrocken aus dem All auf die Erde kracht, weiß niemand. Deswegen plädiert die Raumfahrtexpertin Prof. Monika Auweter-Kurtz für ein Frühwarnsystem im Weltraum.

Die Physikerin, die vor einem Jahr ihren Posten als Präsidentin der Universität Hamburg vorzeitig räumen musste, war am Wochenende in die Hansestadt gekommen, um im Planetarium über die Bedrohung durch Kometen und erdnahe Asteroiden sowie die Möglichkeiten ihrer Abwehr zu sprechen. "Können wir dem Schicksal der Dinosaurier entgehen?" lautete der Titel des Vortrags. Damit bezog sich Auweter-Kurtz auf die von der Mehrheit der Wissenschaftler vertretene Theorie, wonach das plötzliche Aussterben der Riesenechsen vor 65 Millionen Jahren durch den Einschlag eines zehn bis 15 Kilometer großen Meteoriten vor der Küste Mexikos verursacht wurde.

Auch heute prallt die Erde ständig mit Gesteinsbrocken zusammen. Täglich sind es etwa 40 Tonnen Staub und Steine, die auf die Erde herabstürzen. Die meisten dieser Objekte verglühen in der Atmosphäre. "Über Sternschnuppen freuen wir uns", sagte Planetariumsdirektor Thomas Kraupe. Aber was ist mit den bis zu 50 000 Meteoriten jährlich, die den Boden erreichen? Auch sie richten kaum Schaden an, sondern sorgen ebenfalls eher für Freude, zumindest bei Astronomen, die wertvolle Untersuchungsobjekte praktisch frei Haus geliefert bekommen.

Druckwellen mit der Zerstörungskraft von Tausenden Atombomben

Gefährlich wird es jedoch, wenn die kosmischen Geschosse Durchmesser von mehreren Dutzend Metern und mehr aufweisen. Objekte dieser Größenordnung können beim Zerplatzen in der Luft und beim Auftreffen auf die Erde Druckwellen erzeugen, die der Zerstörungskraft von mehreren Tausend Atombomben entsprechen. Der berühmte Einschlag bei Tunguska in Sibirien, der im Jahr 1908 auf einer Fläche von 2200 Quadratkilometern die Bäume umknickte, wird auf einen Kometen mit 60 bis 100 Meter Durchmesser zurückgeführt (zum Vergleich: Das Saarland hat eine Fläche von knapp 2600 Quadratkilometern). Ein paar Sekunden früher oder später hätte der Einschlag dichter besiedeltes Gebiet getroffen und Millionen Todesopfer gefordert.

Das Beunruhigende daran: Himmelskörper dieser Größe lassen sich nur schwer beobachten. Zwar gibt es Programme zur Erfassung und kontinuierlichen Beobachtung aller Asteroiden und Kometen, die der Erde nahe kommen können. Doch die haben vor allem die größeren Objekte im Blick. Für sie konnte Auweter-Kurtz zunächst einmal Entwarnung geben: Eine durch einen Einschlag ausgelöste globale Katastrophe droht in absehbarer Zeit nicht. Denn dafür müssten die Brocken mindestens einen halben Kilometer durchmessen. In dieser Größenklasse haben die Astronomen aber schon einen recht guten Überblick. Bei Neuentdeckungen ist zudem mit einer größeren Vorwarnzeit zu rechnen.

Einschläge der Tunguska-Klasse dagegen können sehr plötzlich erfolgen. Um die Vorwarnzeit auch für solche Bedrohungen zu erhöhen und gegebenenfalls auch schnell reagieren zu können, plädiert Auweter-Kurtz für den Aufbau eines Überwachungssystems im Weltraum. Von dort aus könnten nicht nur gefährliche Objekte besser im Auge behalten, sondern auch rasch Abwehrmaßnahmen gestartet werden.

Anders als in Hollywoodfilmen praktiziert, rät die Physikerin aber dringend davon ab, auf uns zurasende Asteroiden sprengen zu wollen. Denn dadurch erzeugt man unter Umständen nur eine Vielzahl gefährlicher Brocken, die sich dann auf eine größere Fläche verteilen. Aus einem einzelnen Geschoss würde gewissermaßen eine Schrotladung - wobei jede einzelne "Schrotkugel" die Wirkung mehrerer Atombomben hätte.

Ablenkungsmanöver bräuchten Vorwarnzeit von einem Jahr

Aussichtsreicher ist es, die Himmelskörper aus ihren Bahnen zu lenken, sodass sie an der Erde vorbeifliegen. Dafür sind verschiedene Methoden denkbar: Ein gezielt auf den Asteroiden abgefeuertes Objekt könnte ihn wie eine Billardkugel auf eine andere Bahn zwingen. Er könnte dabei aber auch in Einzelteile zerbrechen. Sicherer erscheint es da, auf dem Asteroiden einen Rückstoß zu erzeugen. Dazu muss dort nicht unbedingt ein Raketentriebwerk installiert werden. Auweter-Kurtz verwies auf Modellrechnungen, wonach mithilfe großer Spiegel oder durch Hochleistungslaser Materie auf der Asteroidenoberfläche verdampft und damit der gleiche Effekt erzeugt werden könnte. Doch wären auch hierfür Vorwarnzeiten von mindestens einem Jahr erforderlich. Zudem müsste die Technologie erst noch entwickelt werden.

Für eine erfolgreiche Asteroidenabwehr sei zudem eine bessere Kenntnis dieser Himmelsobjekte erforderlich, die sich in Form, Zusammensetzung und anderer Kenngrößen stark unterscheiden. Nach Auweter-Kurtz seien die Chancen für eine solches Überwachungs- und Abwehrsystem nach der Amtsübernahme von US-Präsident Barack Obama gesunken. Dagegen spricht, dass Obama in seiner im April verkündeten Weltraumstrategie erdnahen Asteroiden als Ziele für bemannte Missionen gegenüber dem Mond den Vorrang gegeben hat.

Mehr Kenntnisse erhofft sich die Forscherwelt jetzt von der japanischen Asteroiden-Sonde "Hayabusa". Sie warf gestern eine Kapsel mit Bodenproben vom Asteroiden "Itokawa" über Australien ab. Die Kapsel soll ein Funksignal senden und heute geborgen werden.