Auf der Insel im indonesischen Archipel leben fliegende Frösche und riesige Insekten im Verborgenen. Dort stieß der Hamburger Zoologie-Professor Alexander Haas auch auf den kleinsten Frosch Asiens.

Am Straßenrand eine neue Art entdecken: Auch Wissenschaftler stolpern ab und zu über solche Glückstreffer. Auf Borneo, wo allein in den vergangenen drei Jahren 123 neue Tier- und Pflanzenarten gefunden worden sind, entdeckte der Hamburger Zoologe Professor Alexander Haas so den kleinsten Frosch Asiens: "Auf einer Straße durch den Kubah-Nationalpark hörten wir plötzlich das Quaken einer Kolonie Frösche. Sie saßen direkt neben uns." Anfänglich glaubten der Leiter der Herpetologischen Abteilung des Zoologischen Instituts und seine Mitarbeiter, bei dem ersten gefangenen Frosch ein Jungtier erwischt zu haben, denn das Männchen war gerade einmal zehn Millimeter groß. "Doch bei der weiteren Untersuchung stellte sich heraus, dass es ein ausgewachsenes Tier war - und eine noch nicht beschriebene Art."

2001 reiste Haas das erste Mal nach Borneo. Seitdem ist er ein- bis zweimal jährlich dort. "Im tropischen Gürtel Asiens, Mittel- und Südamerikas und Afrikas ist die Artenvielfalt am höchsten." Bei Amphibien verlaufe die Artbildung in den Tropen besonders kleinteilig. "Deshalb findet man regelmäßig neue Arten." Auch wenn es schwer abzuschätzen sei, was auf Borneo noch im Verborgenen auf die Wissenschaftler warte, rechnet Haas noch "locker mit 50 weiteren neuen Amphibienarten".

66 bis dato unbekannte Pflanzenarten, 17 Fische, fünf Frösche, drei Schlangen, 29 Wirbellose, zwei Echsen und ein Vogel: Das ist, berichtete aktuell die Naturschutzorganisation WWF, die Bilanz der wissenschaftlichen Entdeckungen auf Borneo, seit 2007 die "Heart of Borneo"-Erklärung zwischen Indonesien, Malaysia und Brunei unterzeichnet wurde. Das Übereinkommen sichere ein 220 000 Quadratkilometer großes Netzwerk aus Schutzzonen und Wäldern, denn Letztere gehören durch Abholzung und Anlegung von Plantagen zu den am stärksten bedrohten Wäldern der Welt. Der Zoologe Maximilian Dehling, mit dem Haas erst im vergangenen Jahr gemeinsam auf Exkursion auf Borneo unterwegs war, entdeckte hier unter anderem den Mulu-Frosch - einen Flugfrosch mit Flughäuten zwischen den Zehen und Fingern, mit deren Hilfe er kurze Gleitflüge von Baum zu Baum schafft. Er ist eine der vielen Hochland-Arten auf Borneo und hat seine Verbreitung in Höhen zwischen 1500 und 1800 Metern.

Prof. Haas wartet derweil noch auf die Anerkennung der Beschreibung des von ihm entdeckten Mini-Frosches. Ein langwieriger Prozess: Wenn Wissenschaftler mit Belegexemplaren einer vermeintlich neuen Art von Reisen zurückkehren, müssen sie Typus-Exemplare aus weltweiten wissenschaftlichen Sammlungen anfordern und diese mit der gefundenen Art vergleichen. Dazu werden unterschiedliche Parameter herangezogen: Wie unterscheidet sich die Färbung der Iris? Wie klingen die Laute? Ergänzende Genanalysen gehören heute zum Standard. Rechtfertigen Unterschiede die Annahme, dass es sich um eine neue Art handelt, müssen die Forscher eine detaillierte Artbeschreibung verfassen. Diese wird schließlich bei einer Fachzeitschrift eingereicht - wo sie die Hürde mehrerer Gutachter nehmen muss. Erst nach einer Veröffentlichung gilt eine Art als beschrieben.

Eine internationale Sammelstelle für alle Arten gibt es übrigens nicht: "Aber es gibt Bestrebungen, die wissenschaftlichen und verschiedensten populären Namen in einer Datenbank zusammenzutragen", so Haas.