Hamburg. Vor zehn Jahren wurden bei der damaligen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die Lizenzen für den Mobilfunkstandard UMTS für 100 Milliarden Mark versteigert. Nun macht die heute zuständige Bundesnetzagentur abermals ein Angebot, das Internetprovider und Mobilfunkanbieter kaum ablehnen können. Die "digitale Dividende" besteht aus Paketen von Sendefrequenzen, die im 800-MHz-Bereich durch die Umstellung vom analogen auf das digitale Fernsehen verfügbar geworden sind.

"Aus technischer Sicht ein völlig unsinniger Begriff", sagt Prof. Dr. Hermann Rohling von der TU Hamburg-Harburg. Sein unbekannter Erfinder habe wohl zum Ausdruck bringen wollen, dass die Digitalisierung des Rundfunks dem Steuerzahler unverhoffte Einnahmen beschere.

Für die mitsteigernden Unternehmen sind die Wellenlängen die Eintrittskarte zur vierten Generation des Mobilfunks. "Mit der zweiten, auf dem GSM-Standard basierenden, Generation konnte man nur telefonieren", erklärt der Leiter des Instituts für Nachrichtentechnik. Mit UMTS kam hinzu, drahtlos und von nahezu überall im Internet zu surfen. "Es hat eine Weile gedauert, bis sich die dritte Generation bei einer größeren Anzahl von Nutzern durchgesetzt hat." Nach dem Erfolg von iPhone & Co. hoffen die Anbieter, mit der vierten Generation den Durchbruch zu schaffen.

"Long Term Evolution" (LTE) heißt der UMTS-Nachfolger, der künftig unter anderem auf den Frequenzen der abgeschalteten Analogsender funken soll. Bis zu 300 Megabit pro Sekunde können erreicht werden. Zum Vergleich: Derzeit sind im Mobilfunk zwei Mbit/s normal, im kabelgebundenen Internet ist man gewöhnlich mit 15 bis 25 Mbit/s unterwegs. Dank der neuen Geschwindigkeiten wäre es möglich, mit dem Handy kostengünstig übers Internet zu telefonieren, ohne lästige Ladezeiten bei Online-Spielen mitzumachen oder blitzschnell Videos runterzuladen. "Es werden Applikationen möglich, von denen heute niemand etwas ahnt", so Rohling.

Das neue Multimedia-Lesegerät iPad von Apple lässt erahnen, wohin die Reise geht. Informationen jederzeit und überall aus dem Internet holen, um sie auf einem mobilen Gerät zu bearbeiten und weiterzuleiten - das so schnell und bequem, dass sich auch ein größerer Nutzerkreis überzeugen lässt. Darüber hinaus könnten die neuen Frequenzen dafür sorgen, dass man überall mobil surfen kann. Denn für die Betreiber lohnt sich die Versorgung abgelegener ländlicher Regionen derzeit kaum.

Das stationäre Internet wird nach Auffassung von Rohling trotzdem weiter seine Berechtigung haben.

Wann für die neue Technik auch neue Geräte zur Verfügung stehen, kann niemand sagen. Die Erfahrung mit UMTS lehrt, dass, was technisch möglich ist, eine Weile braucht, bis es bei den Verbrauchern ankommt.