Hamburg. Um 20 Uhr wölbte sich gestern Abend ein klarer blau-roter Abendhimmel über der Hansestadt - und die Reisenden am Hamburger Airport hatten endlich Gewissheit: Zumindest bis Mitternacht wird kein Flugzeug mehr starten. Die ersten Auswirkungen der Naturkatastrophe in Island hatten sich schon am Vormittag gezeigt.

Flüge nach Großbritannien, Skandinavien, in die Niederlande und später auch nach Belgien wurden gestrichen - nach dem Ausbruch des Vulkans unter dem isländischen Eyjafjallajökull-Gletscher hatte der Wind eine riesige Wolke aus Asche und Feinstaub über Nordeuropa getragen und den Flugverkehr in vielen Ländern in die Knie gezwungen. Zu groß war die Gefahr, dass die Partikel die Triebwerke der Maschinen beschädigen. Europaweit wurde ein Viertel der Flüge gestrichen.

Der Hamburger Christian Baier ist einer der Letzten, die gestern ein Flugzeug in Richtung Skandinavien von innen sehen. Es ist kurz nach 13 Uhr, als sich der Student in seinen Sitz fallen lässt. Die Motoren der Lufthansa-Maschine brummen schon, um ihn herum verstauen die anderen Passagiere ihre Taschen. Um 13.30 Uhr soll Baiers Flugzeug abheben, von Hamburg in die schwedische Hauptstadt Stockholm. Der 25-Jährige freut sich auf seinen Kurzurlaub, drei Tage Auszeit zu Besuch bei einem Freund. Baier schnallt sich an und lehnt sich in seinem Sitz zurück. Dann aber kommt alles ganz anders.

Um 14.30 steht Baier wieder in der Abflughalle des Terminal 2 am Hamburger Airport. Im Flugzeug gab es eine Lautsprecherdurchsage: kein Start wegen der Aschewolke, bitte alle wieder aussteigen. Baier ist enttäuscht. "Die Reise war schon so lange geplant", sagt er. Das Geld für sein Ticket bekommt er aber zurück. So wie ihm geht es vielen anderen Passagieren, die sich vor dem Lufthansa-Schalter versammeln und nach Alternativen suchen. Die einzige lautet oft, auf einen Zug umzusteigen.

Die sechsköpfige Familie Angst ist schon frühmorgens mit dem Flieger aus Wien gekommen. Jetzt soll es weitergehen nach Amsterdam - eigentlich. Denn auch dieser Flug fällt aus. Die Großmuter Ilse Angst hat ihre beiden Enkel Leonie und Jim an der Hand. Lange und lautstark hat sie eben mit einer Lufthansa-Angestellten diskutiert. Aber auch das hilft nichts. Die Familie wird wieder mit dem Zug in die Niederlande fahren.

Auch im Ausland waren Hamburger von der Aschewolke betroffen. Sozusagen in letzter Sekunde gelang es Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU), dem Chef der Hamburg Port Authority, Jens Meier, und Bernd Egert, Leiter des Amtes für Wirtschaft, Hafen und Technologie, von Brüssel nach Hamburg zu kommen. Zwar wurde auch ihr Flug gestrichen, trotzdem konnte das Trio den letzten Mietwagen am Brüsseler Hauptbahnhof ergattern und am Abend zurückfahren.

Unklar ist derzeit, ob die beiden HSV-Handballer Bertrand und Guillaume Gille am Sonntag aus Island zurückkehren können. Dort tritt Olympiasieger Frankreich heute und morgen zu zwei Länderspielen an. Denn keiner weiß, wie lange die Aschewolke über Nordeuropa hängen wird.