Was aßen die Jünger Jesu wirklich? Und sagt die Darstellung des Gründonnerstag-Ereignisses etwas über die Zeit aus, in der die Werke entstanden? Forscher antworten.

Gründonnerstag ist der Tag des letzten Abendmahls. Die Christen erinnern an diesem Abend an das in der Bibel überlieferte Ereignis. Jesus sitzt mit seinen Jüngern zusammen, bevor er von Judas verraten und am Karfreitag gekreuzigt wird.

Keine andere Szene eines Mahls ist durch alle Jahrhunderte hindurch immer wieder so eindrucksvoll wiedergegeben worden. Deshalb haben US-Wissenschaftler 52 Gemälde mit dieser Szene aus 1000 Jahren analysiert und festgestellt: Die Menschheit wird immer gefräßiger. Denn die Darstellung der biblischen Szene spiegele auch die Essgewohnheiten der jeweiligen Epochen wider, meinen sie. So wurde der Tisch immer wieder anders gedeckt, die abgebildeten Speisen und Getränke mit der Zeit aufwendiger, die Portionen üppiger.

Brian Wansink vom Institut für Angewandte Wirtschaftswissenschaften der Cornell-Universität (Bundesstaat New York) und sein Bruder Craig, Religionswissenschaftler am Wesleyan College in Norfolk (Virginia), haben ihre Analyse im "International Journal of Obesity" präsentiert. Mit einem Computermessprogramm verglichen sie sogar die Größe der Teller. Sie nahm zwischen dem elften und dem 21. Jahrhundert um 66 Prozent zu, die der Portionen um 69 Prozent, die der Brotlaibe um 23 Prozent. Um die Angaben maßstabsgerecht zu erfassen, wurde als Bezugsgröße das Verhältnis zur Kopfgröße der Jünger genommen.

Etwa 4000-mal wurde die Abendmahlsszene gemalt, gezeichnet, geschnitzt oder in Stein gemeißelt, schätzen Experten. Brot und Wein sind fast immer dabei. Sie sind seit der Antike Bestandteile der Mahlzeiten, schon Jahrhunderte vor Lebzeiten Jesu. So berichtet Homer über die Essgewohnheiten der Griechen (um 750 vor Christi Geburt). Fleisch wurde damals selten gegessen, Brot und Wein waren weit verbreitet, auch ein Teig aus Getreide, Wasser, Milch und Öl. Die Griechen tranken ebenfalls Milch, oft mit Wasser verdünnt.

Im römischen Reich zu Christi Zeiten war das Essen abwechslungsreicher, belegen die Rezepte aus dem berühmtesten Kochbuch dieser Zeit "Über die Kochkunst" ("De re coquinaria") von Marcus Gravius Apicius, eine der ältesten Rezeptsammlungen der Geschichte mit Kapiteln über Gewürzwein und Spargeleierkuchen oder die Zubereitung von Sauzitzen und gefüllten Haselmäusen.

Neben solchen schriftlichen Quellen haben Archäologen Kochutensilien ausgegraben: Geschirr, Töpfe, Bestecke, Siebe. Dass man sich, wie in der Darstellung des letzten Abendmahls, zum Essen unter Freunden traf, war zu Christi Lebzeiten gang und gäbe. So gab es im alten Rom zwar viele Tavernen, oft in Kombination mit Bordellen, doch wer gut und gesittet speisen wollte und konnte, tat dies zu Hause.

In der römischen Oberschicht spielte das Gastmahl eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Die Geladenen lagen auf einer Art Sofa, das drei Personen Platz bot, in fester Anordnung zum Gastgeber. Solche Gesellschaften waren Männersache. Beim Gastmahl wurden Geschäfte vereinbart und politische Entscheidungen getroffen. Gereicht wurden Vorspeisen mit Oliven und Gemüse, es folgten Fleischgerichte, Datteln und Obst, dazu wurde Wein getrunken. Je vermögender und einflussreicher der Gastgeber war, desto aufwendiger das Ambiente. So wurde auch musiziert oder rezitiert und Tänzer oder Gaukler zeigten ihre Kunststücke.

Brot war ein Grundnahrungsmittel wie heute. Im antiken Rom gab es Hunderte Mühlen und ebenso viele Backstuben. Unter den Gesteinsmassen des beim Vesuvausbruch verschütteten Herculaneum überdauerte ein Brotlaib. Die Stadt am Golf von Neapel ging am 24. August des Jahres 79 unter. Von Form und Größe, wahrscheinlich auch vom Geschmack, würde das Brot aus der Antike auch in einer Bäckerei unserer Zeit nicht auffallen. Aus dem Getreide wurde damals nicht nur Brot gemacht, sondern auch ein Brei, zum Beispiel aus Dinkel, der mit Wasser und Salz gekocht wurde. Brot und Wein galten als erschwinglich.

Bringt uns die Forschung der Amerikaner über das letzte Abendmahl wirklich weiter? Kritiker bestreiten das. Größere Portionen auf Gemälden müssen nicht unbedingt größere Speisekammern bedeuten. Vielleicht hat der Maler vor Jahrhunderten nur von größeren Brotlaiben geträumt? Sicher ist: Die Sorge um das "tägliche Brot" hat die Menschen über alle Jahrhunderte hinweg umgetrieben. Auch heute hungern Menschen in vielen Regionen der Welt - egal, mit welchen Abbildungen sie sich umgeben.