Eine Kombination aus Fischereidruck und klimazyklischen Veränderungen im Nordostatlantik entscheidet darüber, ob es dem Nordsee-Hering gut geht. Dies zeigen Modellierungen von Hamburger Wissenschaftlern des Instituts für Seefischerei im von-Thünen-Institut. "Unsere Fischereimodelle beziehen bislang zu wenig die Umwelt mit ein", sagt Dr. Joachim Gröger. "Wir haben beim Hering jetzt Klimafaktoren integriert, die vor allem Einfluss auf den Nachwuchs haben."

Zwei Prozesse bestimmen die Produktivität von Fischbeständen: die Zunahme der Biomasse aufgrund des Wachstums der Tiere und die Stärke der Nachwuchsjahrgänge. Das Modell zeigt nun einen Zusammenhang zwischen der Überlebensrate der Heringslarven und zwei klimatischen Zyklen über dem Nordostatlantik, der NAO und der AMO.

NAO steht für Nordatlantische Oszillation und bezeichnet die Druckunterschiede zwischen dem Azorenhoch und dem Islandtief; ein hoher Wert steht für große Luftdruckgegensätze. Die AMO (Atlantische Multi-Dekadische Oszillation) beschreibt Temperaturschwankungen an der Wasseroberfläche. Nun zeigte sich, dass bei niedrigen Wintertemperaturen, speziell im Februar, der Larvennachwuchs leidet - dies aber nur, wenn gleichzeitig die NAO sehr niedrige Werte aufweist. Das Phänomen tritt unabhängig vom Fischereidruck auf die Elterntiere und mit einer Zeitverzögerung von drei bis fünf Jahren auf. Der Zeitverzug lege nahe, dass die Klimaeinflüsse nicht direkt, sondern indirekt wirken, etwa durch veränderte Strömungsverhältnisse, Winddrift oder ein schwankendes Nahrungsangebot.

Gröger und Kollegen konnten statistisch nachweisen, dass der Bestandseinbruch der Nordsee-Heringe in den 1970er-Jahren nicht nur durch Überfischung, sondern auch durch Klimaeinflüsse verursacht wurde. Dies könnte auch für den Rückgang in den vergangenen Jahren gelten, der den Erholungstrend seit Mitte der 1990er-Jahre stoppte.

"Ein verantwortliches Fischereimanagement muss frühzeitig derartige Umweltveränderungen berücksichtigen", fordert Gröger. Seine Ergebnisse werden voraussichtlich in die nächste Erarbeitung der wissenschaftlichen Empfehlung zur Heringsfangquote für das Jahr 2011 einfließen, so Gröger.