Wegen der Massenproduktion des Schweinegrippe-Impfstoffs gibt es derzeit einen Engpass bei der Herstellung von Kinderimpfstoffen. Insgesamt sieben seien seit Mitte Januar in Deutschland nicht mehr lieferbar, sagte Ursel Lindlbauer von der ständigen Impfkommission des Bundes der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

"Am meisten Sorgen macht uns der Engpass bei dem einzigen verfügbaren Sechsfach-Impfstoff", erklärte die Münchner Kinderärztin. Dadurch könne eine ganze Geburtskohorte von Säuglingen im ersten Lebensjahr nicht mehr gegen die wichtigsten Kinderkrankheiten immunisiert werden. Mit ihm werden Kleinkinder im ersten Lebensjahr geschützt vor Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Hirnhautentzündung, Hepatitis B und Kinderlähmung.

Auch bei einem Vierfach-Impfstoff gegen die Viruserkrankungen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken stocke der Nachschub, beklagte die Medizinerin. Zurzeit sei es nur möglich, die vorgesehenen Impftermine zu verschieben oder Einzelimpfungen vorzunehmen, bei denen die Säuglinge häufigere Spritzen ertragen müssten.

Eine Sprecherin des britischen Herstellers GlaxoSmithKline bedauerte der Zeitung zufolge die Situation: Man versuche, die "Unannehmlichkeiten für Ärzte, Eltern und Kinder möglichst rasch zu entschärfen". Es könne jedoch noch zu Verzögerungen bis in das zweite Quartal hinein kommen.

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland zeigte sich verärgert: "Bei Kindern, die schon eine Grundimmunisierung haben, ist das nicht schlimm. Da, wo das fehlt, schon", sagte Präsident Wolfram Hartmann der "Frankfurter Rundschau". Für junge Säuglinge sei das fatal. Hartmann kritisierte, dass der Hersteller GlaxoSmithKline nicht in der Lage sei, Impfstoffe auf Vorrat zu produzieren, was nach seiner Ansicht durchaus machbar wäre.

"Deutschland hat die teuersten Impfstoffpreise in Europa. Es muss doch möglich sein, dass der Hersteller entsprechend liefern kann", sagte der Mediziner. Nach seiner Einschätzung kann der Engpass noch bis Ende März dauern. Hartmann forderte die Bundesregierung auf, den Mangel zu beheben und auf das Unternehmen Einfluss auszuüben. "Wir haben ein Problem des Marktes, auf dem es nur einen Anbieter gibt. Es müsste mehrere Anbieter geben, und der Staat müsste sie verpflichten, auf Vorrat zu produzieren", sagte der Verbandschef.

Das Thema erregt in Hamburg auch die politischen Gemüter. Die Linkspartei-Abgeordnete Kersten Artus kritisiert das "Chaos bei der Produktion und Lieferung von Impfstoffen". In einer Anfrage an den Senat will sie wissen, seit wann die Probleme dort bekannt seien und ob in dem Vertrag zum Schweinegrippenimpfstoff nicht vereinbart worden sei, dass die sonstige Impfproduktion nicht beeinträchtigt werde. Auch fragt sie nach den Folgen, die entstünden, wenn Hamburgs Kinder nicht ausreichend gegen lebensbedrohliche Krankheiten geimpft würden. "Was tut der Senat?" hat die Bürgerschaftsabgeordnete ihre Anfrage überschrieben.