Die Techniker Krankenkasse ließ 1000 Eltern zur Gesundheit ihrer Kinder befragen. Der Fokus lag auf dem Großraum Hamburg.

Hamburg. Kinder und Jugendliche in Großstädten werden häufiger krank als Altersgenossen, die in kleineren Städten (100 000 bis 20 000 Einwohner) oder auf dem Land leben. Das folgert die Techniker Krankenkasse (TK) Hamburg aus einer repräsentativen Umfrage unter Eltern von Kindern im Alter von sechs bis 18 Jahren. Das Forsa-Institut hatte dazu im Januar 1000 Personen befragt.

"Großstadtkinder sind im Alltag stärker belastet als Kinder auf dem Land", erläutert Dr. Hans-Ulrich Neumann vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg das Ergebnis. "Hektik, Lärm und andere Reize sind gerade für kleine Kinder besonders starke Stressfaktoren. Hinzu kommt meist ein hoher Leistungsdruck, der gerade in Metropolen in allen Lebensbereichen besteht. Die Folgen erkennt man auch an den erhöhten Fallzahlen bei sehr vielen Krankheitsbildern", so Neumann.

Besonders auffällig sei die um 40 Prozent höhere Zahl von Großstadtkindern, die an Allergien, Erkältungen und Atemwegserkrankungen (Asthma, Bronchitis u. a.) litten, sagt TK-Sprecher John Hufert. "Die insgesamt höhere Belastung von Stadtkindern führt dazu, dass ihr Immunsystem mehr auszuhalten hat. Das begünstigt Infektionskrankheiten wie Erkältungen", erklärt er.

Die Umfrage habe den Fokus auf die Metropolregion Hamburg gelegt, so Hufert. Und sie habe einige überraschende Ergebnisse gebracht: "Bei der Frage, ob das Kind häufig ängstlich und unsicher ist, gab es keine Unterschiede. Hier hatten wir erhöhte Werte bei Stadtkindern erwartet." Ähnliches gilt für die Frage nach Übergewicht. Hufert: "Diese bejahten zwölf Prozent der Eltern von Kindern, die in Ortschaften mit weniger als 20 000 Einwohnern lebten. In der Großstadt mit ihrer Fast-Food-Kultur waren es dagegen nur neun Prozent."

Viele Einschätzungen hingen auch vom Blickwinkel der Eltern ab, schränkt Hufert ein, etwa Aussagen, ob das Kind "häufig schlapp und müde sei". Hier liegen die Großstadtkinder wieder vorn. Gleiches gilt für die Frage nach Schlafproblemen und dem "Zappelphilipp-Syndrom". Letzteres sei von auffällig wenigen Eltern von Gymnasiasten bejaht worden, "vielleicht gilt hier die Auffassung: Mein Kind hat so etwas nicht."

Ein ähnliches Bild lieferte bereits eine Studie zu Umweltbelastungen von fast 1800 Kindern im Alter von drei bis 14 Jahren (Kinder-Umwelt-Survey). Sie zeigte, dass Kinder mit niedrigerem Sozialstatus vermehrt in der Nähe von Gewerbebetrieben oder stark befahrenen Straßen wohnen und deshalb mehr Luftschadstoffen und Lärm ausgesetzt sind.

Auch in ihren Wohnungen seien diese Kinder erhöhten Risiken ausgesetzt: Ihre Eltern rauchen mehr und setzen häufiger Haushaltsprodukte mit gesundheitlichen Risiken ein, etwa Desinfektionsmittel und chlorhaltige Sanitärreiniger. Bei den Schadstoffen PCB und DEE waren dagegen Kinder aus bessergestellten Familien stärker belastet. Sie saugten die Substanzen mit der Muttermilch auf - der Anteil an stillenden Müttern ist in hohen Statusgruppen am höchsten.

Die jetzige TH-Umfrage zeigt aber auch Positives: Ein Drittel der befragten Familien gab an, dass das Kind an keiner der genannten Krankheiten oder Beschwerden leidet, mit geringem Unterschied zwischen Stadt (31 Prozent) und Land (33 Prozent).