Wissenschaftler haben eine überraschende Entdeckung gemacht: Alligatoren atmen wie Vögel. Der Luftstrom in den von der Luftröhre abzweigenden Atemwegen verläuft wie auf Einbahnstraßen, nicht wie bei Säugern in beide Richtungen. Bisher galt die Annahme, dass die unidirektionale Atmung einzigartig für Vögel ist. Untersuchungen amerikanischer Forscher an Alligatoren widerlegen dies. Offenbar ist diese Art der Atmung in der Evolution früher entstanden als angenommen, berichten die Wissenschaftler in "Science".

Die Reptilien schaffen dies zudem ohne Luftsäcke. Das belegt, dass diese Spezialisierung der Vogellunge nicht zwingend notwendig für diese Art der Atmung ist. "Unsere Daten liefern Beweise, dass unidirektionaler Luftstrom dem Ursprung von Flug- und Dinosauriern sowie Vögeln vorausgegangen ist und sich bei einem gemeinsamen Vorfahren der Abstammungslinie von Krokodilen und Vögeln entwickelt hat", erläutert C. G. Farmer von der Universität Utah in Salt Lake City.

Mit ihrem Kollegen Kent Sanders hatte die Biologin den Weg des Atems bei Alligatoren unter die Lupe genommen. Dazu implantierten sie sechs Alligatoren kleine Messgeräte in die Lungen, um Geschwindigkeit und Richtung der Atemluft zu erfassen. Sie untersuchten auch die Lungen verstorbener Tiere, indem sie Luft durch die Atemwege leiteten. Durch eine Lunge schickten sie zudem Wasser mit winzigen fluoreszierenden Kügelchen und machten Videoaufnahmen von dem Fluss. Eingeatmete Luft erreicht durch die Luftröhre zwei erste Verzweigungen und von dort die Lungenflügel. Während bei Säugern die Luft bis in die feinsten Verzweigungen gelangt (wo der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid mit dem Blut stattfindet) und von dort den gleichen Weg wieder zurück nimmt, verläuft der Luftstrom in der Alligatorlunge in den engeren Atemwegen nur in eine Richtung. Eine der ersten größeren Verzweigungen in der Lunge lässt der Strom aus.

Der Weg beschreibt dann eine Haarnadelkurve, wodurch der Luftstrom wie durch ein Ventil in eine Richtung gezwungen wird. Von dort strömt die Luft in die immer feineren Verzweigungen der Bronchien zum Gasaustausch mit dem Blut.

Immer in einer Richtung unterwegs, gelangt die sauerstoffarme Luft über die zunächst ausgelassene Abzweigung wieder zurück in die großen Hauptatemwege. Da die Luft selbst in isolierten Lungen nur in eine Richtung verläuft, geht Farmer davon aus, dass keine anderen Organe daran beteiligt sind, etwa Luftsäcke oder die Leber, welche die Atmung wie ein Hubkolben unterstützt.