Auf weite saisonale Wanderungen begeben sich viele Tiere Jahr für Jahr. Doch mit insgesamt rund 80 000 Kilometern jährlich scheinen Küstenseeschwalben aus Grönland und Island alle Rekorde zu brechen. Dass diese zierlichen, 125 Gramm leichten arktischen Vögel solch enorme Strecke bewältigen, hat jetzt ein Team europäischer Forscher beobachtet.

Die Vögel legen außerdem einen Zwischenstopp in der Region des Neufundlandbeckens östlich der Nordostküste Nordamerikas ein, stellten die Wissenschaftler fest. Ihre Untersuchungen mithilfe kleiner Geräte zur Positionsbestimmung schildern sie im Fachblatt "PNAS". "Unsere Standortverfolgung von elf Küstenseeschwalben, die mit Mini-Geolocatoren ausgestattet waren, ergab, dass diese Vögel tatsächlich enorme Distanzen reisen", schreiben Janet R. D. Silk vom British Antarctic Survey und Kollegen aus Dänemark und Grönland. Manche Individuen schaffen mehr als 80 000 Kilometer jährlich.

Um das herauszufinden, hatten sie 70 Vögel mit kleinen Datensammlern, den Geolocatoren, ausgerüstet. Die winzigen elektronischen Geräte wiegen 1,4 Gramm und messen die Sonnenlichtintensität zu bestimmten Uhrzeiten. Über die Werte lassen sich nach der Rückkehr der Vögel anhand von Sonnenauf- und Sonnenuntergangszeitpunkten deren Positionen bestimmen und damit auch die Reiseroute nachvollziehen. Elf Geräte wurden in der folgenden Saison wiedergefunden und die Daten ausgewertet.

Etwa im August fliegen Küstenseeschwalben zum Überwintern aus dem hohen Norden in den äußersten Süden bis in antarktische Regionen. In der Höhe von Neufundland legten sie einen bislang unbekannten Zwischenstopp ein. Dann nahmen nicht alle Schwalben dieselbe Route. Während sich manche an der Westküste Afrikas orientierten, wechselten andere in Äquatornähe zur Ostküste Südamerikas. Auf dem Rückflug nach Norden wählten alle die Route quer über den Atlantik, ohne sich an Küstenlinien zu halten. Insgesamt legten die Vögel im Schnitt mehr als 70 000 Kilometer zurück, einzelne mehr als 81 000 Kilometer.

Da die Tiere eine Lebenserwartung von mehr als 30 Jahren haben, können sie in ihrem Leben etwa 2,4 Millionen Kilometer zurücklegen, etwa dreimal zum Mond und zurück. Das ist die längste Tierwanderung, die jemals mithilfe dieser elektronischen Geräte registriert wurde. Die Daten lassen sich nicht eins zu eins mit Daten aus anderen Studien vergleichen. Sie legen aber nahe, dass bisherige Schätzungen von 40 000 Kilometern Jahresreise zu niedrig sind.