Die Hände sind für den Menschen ein oft unterschätztes Wahrnehmungsorgan, wie jetzt neue psychologische Experimente in Jerusalem (Israel) gezeigt haben. Danach "sieht" der Mensch auch mit den Händen.

Der Raum in Reichweite der Hände, dort, wo Greifen und Berühren stattfinden, ist als "Handlungsraum" in der Psychologie bekannt. Jetzt haben israelische Forscher gezeigt, dass visuelle Informationen in entscheidendem Maße erst über die Hände zum Gehirn gelangen. In Experimenten mit Menschen, denen ein Arm amputiert werden musste, zeigten die Wissenschaftler, dass sich bei Verlust einer Hand die Wahrnehmung stark verändert, heißt es in der Fachzeitschrift "Psychological Science". Das Team um Tamar R. Makin von der Hebräischen Universität Jerusalem konnte Menschen, denen der rechte oder der linke Arm amputiert worden war, für ein Experiment gewinnen. Den Versuchspersonen wurde auf einem Bildschirm ein Kreuz gezeigt. Links und rechts von dem Kreuz wurden kurz zwei Quadrate eingeblendet. Die Probanden sollten nun angeben, welches der Quadrate weiter vom Kreuz entfernt war. Es zeigte sich, dass dann, wenn das rechte Quadrat tatsächlich weiter entfernt war als das linke, die rechtsamputierten Teilnehmer es als ebenso weit vom Kreuz wähnten wie das linke. Umgekehrt - wenn das linke Quadrat etwas weiter vom Kreuz entfernt war als das rechte - glaubten die Linksamputierten, beide Quadrate seien gleich weit vom Kreuz entfernt. Personen, die weiter weg vom Bildschirm saßen - weiter als jene etwa 30 Zentimeter, die den Handlungsraum ausmachen - schätzten die Entfernung trotz ihrer Armamputation richtig ein. Die Einschränkung des Handlungsraums durch den Verlust eines Arms bewirke eine dauerhafte Störung der Raumwahrnehmung, jedoch nur bei Entfernungen in Reichweite. Wenn etwas ohnehin nicht mehr zu greifen wäre, sei auch die Wahrnehmung nicht mehr gestört.