Das Schicksal der Meeressäuger hängt auch von ihrer Verständigung mittels Schallwellen ab. Geräusche stören ihr Gleichgewicht.

Ein Energiekonzern will in einer neuseeländischen Bucht nach Gas suchen - und gefährdet damit das Leben von Buckelwalen. Das ist das Thema des hochkarätig besetzten Öko-Thrillers ("Das Geheimnis der Wale" mit Veronica Ferres, Christopher Lambert, Mario Adorf), den das ZDF am Sonntag und Montag jeweils um 20.15 Uhr ausstrahlt. Ein realistisches Szenario? Tatsächlich leiden Wale und andere Meeressäuger unter dem künstlichen Lärm durch seismische und Sonargeräte, von Schiffen, Offshore-Konstruktionen, Bau- und Baggerarbeiten.

Zwei Arten Lärm macht den Meeresbewohnern zu schaffen. Der kurze, intensive Schalldruck etwa bei der Öl- und Gassuche in Meeresböden kann die Tiere verletzen oder sogar töten. Der Dauerlärm, den Schiffe, Bohrinseln, Turbinen oder andere Offshore-Konstruktionen abgeben, führt zu einem Geräuschemix, der die Kommunikation, die Nahrungssuche und die Orientierung von Walen stört, weil er ihre Gesänge oder Ortungslaute übertönt.

Schall pflanzt sich im Wasser etwa 4,5-mal schneller fort als in der Luft. Und er hat unter Wasser viel höhere Reichweiten. Während ein Pfeifton an Land bestenfalls ein paar Kilometer getragen wird, können Blauwale - von Natur aus Einzelgänger - ihre ultratiefen Laute (Frequenz: etwa zehn Hertz) unter günstigen Bedingungen mehr als 1000 Kilometer durchs Meer schicken, etwa um einen Partner zu finden. Dagegen ist die Sicht im Wasser schnell getrübt, auch Geruchs- und Tastsinn helfen kaum weiter.

Was liegt für die Meeressäuger also näher, als ihr "Weltverständnis" vorwiegend auf Töne zu gründen? Was der Umweltlärm für die Blauwale bedeutet, beschreibt Dr. Ralf Sonntag, Meeresbiologe beim Internationalen Tierschutzfonds IFAW und einer von zwei Fachberatern der ZDF-Drehbuchautoren: Vor allem die Schifffahrt habe dazu beigetragen, dass die - sehr seltenen - Riesen nur noch Artgenossen in einem Umkreis von einigen Hundert Kilometern finden.

"Die Schifffahrt ist das größte Lärmproblem, weil sie auf alle Weltmeere einwirkt", sagt Sonntag. Hier sei Abhilfe technisch möglich, bei der Konstruktion der Schiffsschraube ebenso wie bei der Aufhängung der Maschine. Sonntag: "Kreuzfahrt- und Militärschiffe machen vor, wie man sich leise durch das Wasser bewegt. Das spart gleichzeitig Treibstoff, denn Lärm bedeutet verlorene Energie."

Über die Wirkungen von seismischen Untersuchungen, die den Buckelwalen im ZDF zusetzen, sei wissenschaftlich wenig bekannt. Sonntag: "Fest steht, dass sie die Wale aus ihren Lebensräumen vertreiben. Das setzt sie unter Stress, nimmt ihnen Energie und macht sie womöglich krankheitsanfälliger." Ob sie durch Schallwellen zur Bodenerkundung verletzt werden, sei nicht geklärt.

Dagegen sammelten Walforscher in verschiedenen Weltregionen bereits traurige Beweise, dass die Sonarwellen, die bei militärischen Manövern abgegeben werden, Wale so stark verletzen können, dass sie sterben.

Besonders betroffen sind Schnabelwale, die sich in sehr großen Meerestiefen aufhalten und dort dem Schall besonders stark ausgesetzt sind. Generell seien die Wissenslücken über die Lärmfolgen für Wale noch groß. Das betont auch ein Bericht im Auftrag der Kommission des Meeresschutzvertrags Ospar, getragen von den Anrainerstaaten des Nordostatlantiks. Die Erfassung von Lärmfolgen sei schwierig, weil die Meeressäuger schwer zu beobachten seien und eine große Bandbreite an Reaktionen zeigten, heißt es. Aber es sei generell anerkannt, dass Lärm deutliche Effekte auf das marine Leben habe, bis hin zu Verhaltensauffälligkeiten von Walen, die in einigen Fällen zu Strandungen und zum Tod führen. Das heutige Wissen sei nur die Spitze eines Eisbergs.

"Je mehr Wissenschaft gemacht wird, desto erschreckender sind die Ergebnisse", sagt Sonntag. Aber man könnte Walen helfen: Bei Bauarbeiten können Vorhänge aus Luftblasen einen Teil des entstehenden Schalls abfangen. Generell sollte gebohrt statt gerammt werden. Und seismische Untersuchungen sollten hinsichtlich des Ortes und der Zeit Rücksicht auf die Meeressäuger nehmen; sie müssen während der Gebärzeiten und in Schutzgebieten tabu sein.

Ein Negativ-Beispiel spielt, anders als im ZDF-Film, vor unserer Haustür. Die Firma Wintershall suchte im Frühsommer 2007 in der Nordsee nach Gasressourcen - ausgerechnet im Schweinswalschutzgebiet Doggerbank. Ähnlichkeiten mit dem im Film dargestellten raffgierigen Unternehmen "Gasonec" sind sicherlich rein zufällig.

Hintergrund-Infos: www.wale.org