Wissenschaftler sind in großer Sorge um den Europäischen Aal. "Es ist zu befürchten, dass die Population zusammenbricht", sagte Christopher Zimmermann vom Institut für Ostseefischerei. So sei die Zahl der Glasaale, also der Jungfische, die vom Meer in Flüsse und Seen aufsteigen, dramatisch zurückgegangen. "Wir fangen heute mit den gleichen Methoden und an den gleichen Stellen noch ein Prozent der Menge von vor 50 Jahren."

Ein Ende dieses Negativtrends sei nicht zu abzusehen. Der Internationale Rat für Meeresforschung hat zum Schutz des Europäischen Aals daher ein absolutes Fangverbot empfohlen. Im März dieses Jahres wurde der Aal bereits als eine von wenigen Fischarten in das Washingtoner Artenschutzabkommen aufgenommen. Seit 2007 sind die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, Wiederaufbaupläne zu entwickeln. Diese erreichten aber nicht ihr Ziel, weil es für die notwendigen Freisetzungsprogramme nicht mehr genug Glasaal-Nachwuchs gebe, sagte Zimmermann. "Diese Managementpläne kommen offensichtlich zu spät."

Die Erholung der Bestände werde selbst bei striktem Schutz 50 bis 80 Jahre dauern, so der Fischereiexperte. Der komplizierte, mehr als zehnjährige und noch weitgehend unbekannte Lebenszyklus mache die Tiere anfällig für Störungen, etwa durch Flussbauwerke oder Schadstoffe. Zimmermann: "Eine kleine Änderung im Hormonsystem kann die Fortpflanzungsorgane schädigen; Änderungen im Fettstoffwechsel können dazu führen, dass erwachsene Aale den langen Weg von Europa in die Karibik nicht mehr schaffen." Der sinkende Bestand berge auch die Gefahr, dass sich die Tiere zur Paarungszeit nicht finden.

Der Lebenszyklus der Aale könne vom Menschen nicht nachgebildet werden, eine Nachzucht in Fischfarmen sei also nicht möglich. "Das bedeutet, jeder Aal, der verspeist wird, ist ein Wildfang und fällt damit als ein Individuum weg, das den Weg in die Karibik auf sich nimmt, um dort für Nachwuchs zu sorgen."