Gab es vor 7000 Jahren in der Jungsteinzeit ein rituelles Gemetzel im Gebiet der heutigen Pfalz? Archäologen haben in einer Fundstätte bei Herxheim Hinweise auf massenhaften Kannibalismus gefunden. Die Wissenschaftler entdeckten Überreste von Hunderten Menschen, berichten sie in den Fachzeitschriften "Antiquity" und "Science News" . Die Steinzeitmenschen seien möglicherweise geopfert und anschließend aufgegessen worden. Doch die These vom Kannibalismus in der steinzeitlichen Pfalz ist in der Fachwelt umstritten.

Wie die rheinland-pfälzische Archäologin Andrea Zeeb-Lanz sagte, deuten Schnittspuren darauf hin, dass die Opfer nach ihrer Tötung wie Schlachtvieh zerlegt wurden. Das Fleisch sei sorgfältig von den Knochen entfernt, die Knochen anschließend zertrümmert worden, um das Mark zu entfernen. Zeeb-Lanz geht von einer hochkomplexen Zeremonie aus, bei der Kannibalismus eine Rolle gespielt haben könnte.

Allerdings sei auch nicht auszuschließen, dass die Betroffenen aus rein rituellen Gründen getötet und ihre Überreste zertrümmert worden sind Ein Beweis für eine der beiden Thesen lasse sich nicht führen. Der französische Archäologe Bruno Boulestin vermutet, dass es sich bei den Opfern um Sklaven, Gefangene und andere Unfreie gehandelt habe.

Die zertrümmerten Knochen wurden verscharrt. Da diese Praxis nur wenige Jahrzehnte andauerte, schließt Boulestin auf eine soziale und politische Krise, die sich in einer Welle der Gewalt entlud.

Die deutschen Archäologen Miriam Haidle und Jörg Orschiedt vermuten allerdings eine rituelle Bestattung. Dass bei den 500 Menschen oft Unterkiefer und Schädelbasis fehlten, verweise auf ein besonderes Bestattungsritual. Ein "Hungerkannibalismus" sei ausgeschlossen, sagte Zeeb-Lanz, die ein 13-köpfiges internationales Team zur Auswertung der Funde leitet. Anhand der Funde lasse sich weder das Verspeisen von Menschenfleisch beweisen noch die These, dass die Toten rituell entfleischt worden seien. In der nur teilweise ausgegrabenen Anlage sollen bis zu 1000 Tote liegen.