Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder bei ihren Hausaufgaben auch mal zu Papier und Stift greifen und sich nicht nur auf den PC verlassen.

Auch wenn der Computer heute in vielen Kinderzimmern bereits einen festen Platz hat, so sollten Eltern doch darauf achten, dass ihre Kinder bei ihren täglichen Aufgaben auch mal zu Papier und Stift greifen und sich nicht nur auf moderne Technik verlassen. Das legen jedenfalls neueste Forschungsergebnisse nah. Amerikanische Wissenschaftler haben jetzt festgestellt, dass Kinder der unteren Schulklassen mehr Inhalte schneller zu Papier bringen, wenn sie mit einem Stift statt auf einer Computertastatur schreiben. Dies gilt sowohl für Kinder mit normal entwickelten Schreib- und Lesefähigkeiten als auch für Kinder, die Schwierigkeiten mit der Technik des Schreibens haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine US-Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift "Learning Disability Quarterly" (Vol. 32, Number 3, Summer 2009) veröffentlicht wurde. Das Schreiben mit der Hand sollte deshalb, so die Forscher, ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts bleiben.

"Viele Leute denken, Sprache sei ein einheitliches Ding. Aber das ist nicht der Fall", sagt Virginia Berninger von der University of Washington. "Sprache hat verschiedene Ebenen, ähnlich wie ein Hochhaus mit mehreren Stockwerken und Korridoren. In der geschriebenen Sprache gibt es Buchstaben, Wörter, Sätze und Absätze, die verschiedene Ebenen der Sprache darstellen. Sie stehen zwar in Beziehung zueinander, aber nicht auf eine simple Art und Weise. Das Buchstabieren findet auf der Wort-Ebene statt, aber Sätze befinden sich auf der Syntax-Ebene. Die Wörter und die Syntax sind nur teilweise unabhängig voneinander. Die Organisation von Sätzen, um einen Text zu erstellen, bildet eine weitere Ebene. Das ist der Grund, warum einige Kinder Hilfe beim Buchstabieren brauchen, während andere Hilfe bei der Konstruktion von Sätzen und wieder andere Hilfe bei der Erstellung von Texten benötigen."

Berninger und ihre Kollegen testeten mehr als 200 Kinder aus der zweiten, der vierten und der sechsten Klasse. Die Kinder bekamen zunächst die Aufgabe, alle Buchstaben des Alphabets in der richtigen Reihenfolge in Kleinbuchstaben mit der Hand aufzuschreiben. Danach sollten sie die Buchstaben des Alphabets in der richtigen Reihenfolge auf einer Tastatur tippen. Beide Aufgaben sollten sie so schnell und akkurat wie möglich ausführen. Eine weitere Aufgabe bestand darin, einen Satz zu schreiben, der mit dem Wort "Schreiben" beginnen, und einen Satz zu tippen, der mit dem Wort "Lesen" anfangen sollte. Und schließlich erhielten die Kinder die Aufgabe, zu den Themen "Lesen" und "Schreiben" jeweils zehn Minuten lang einen Essay zu schreiben und zu tippen.

Ganz gleich, in welcher Klassenstufe sich die Kinder befanden und welche Schreibschwierigkeiten sie auch hatten: Den Essay schrieben sie besser, wenn sie mit der Hand schrieben. Die Viert- und Sechstklässler schrieben auch vollständigere Sätze, wenn sie mit der Hand schrieben. Nur bei der Alphabet-Aufgabe am Anfang erwies sich die Tastatur als das bessere Instrument. "Eine Tastatur gibt dem Kind nicht die gleiche Möglichkeit bei der Formung der Buchstaben wie ein Stift; auf der Tastatur wird ein Buchstabe durch Drücken ausgewählt und nicht geformt", erklärt Berninger.

"Gehirnscan-Studien an Erwachsenen haben bereits gezeigt, dass das Formen der Buchstaben mit Hand und dem Stift einen klaren Vorteil vor dem Sehen und Auswählen der Buchstaben auf einer Tastatur hat. Eine Gehirnscan-Studie an Kindern konnte belegen, dass das Mitgehen der Finger beim Bilden der Buchstaben offenbar Denkprozesse fördert."

Danach bleibt das Schreiben mit der Hand ein wichtiger kreativer Prozess. Man solle das Schreiben mit dem Computer nicht verteufeln, sagen die Wissenschaftler, aber man dürfe auch das Schreiben mit der Hand in der Schule nicht vernachlässigen.