Forschern ist es erstmals gelungen, für einen Teil der Arktis die Meereisbedeckung der vergangenen 30 000 Jahre zu rekonstruieren. "Dabei hat sich gezeigt, dass die Arktis selbst auf kurzfristige Klimaschwankungen drastisch reagiert", sagte die Geowissenschaftlerin des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), Juliane Müller. Die Forscher des Bremerhavener AWI hatten gemeinsam mit Kollegen der Universität Plymouth Sedimente vom Boden der Framstraße zwischen Ostgrönland und Spitzbergen untersucht. Dabei entdeckten sie, dass die Eisbedeckung der Meerenge extremen Schwankungen unterworfen war.

Seit rund 5000 Jahren ist die Framstraße während der Sommermonate eisfrei und im Winter eisbedeckt. Vor rund 20 000 Jahren sei die Region dagegen komplett und für lange Zeit mit einer dicken Meereisschicht bedeckt gewesen, erläuterte Müller. Nach Überzeugung der Wissenschaftler kann sich das Eisbild in der Framstraße jedoch schnell ändern. Vor etwa 15 000 Jahren sei die Gegend während eines sehr warmen, aber relativ kurzen Zeitraums für rund 200 Jahre völlig eisfrei gewesen, sagte Müller.

Bei ihrer Analyse eines aus der Framstraße gezogenen Sedimentkerns stützten sich die Geowissenschaftler auf die Suche nach sogenannten Biomarkern, molekulare Reste von Algen, die nur im offenen Wasser oder im Meereis vorkommen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift "nature geoscience" (Online-Ausg.) veröffentlicht.

Seit der drastischen Meereisschmelze in den Sommermonaten der vergangenen Jahre ist die Eisgeschichte der Arktis in den Blickpunkt der Wissenschaft gerückt. Die Framstraße ist für die Forscher besonders interessant. Die Meerenge ist die einzige Tiefenwasserverbindung zwischen dem Arktischen Ozean und dem Atlantik und gilt als eine der Antriebsquellen für die globalen, das Klima prägenden Meeresströmungen.