Einige Metalllager Tausende Meter unter dem Meeresspiegel sind so gehaltreich, dass der Abbau profitabel sein könnte.

Wir entreißen der Erde Rohstoffe, plündern die Lagerstätten. Wurden im Jahr 2005 bereits 53 Milliarden Tonnen Rohstoffe abgebaut, werden es im Jahr 2020, so schätzt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit OECD, 80 Milliarden Tonnen sein. Zugleich zeichne sich bei der Versorgung mit seltenen, strategisch wichtigen Metallen Knappheit ab. Das könnte die Einführung von Zukunftstechnologien bremsen, warnt das Umweltbundesamt. Um den Rohstoffhunger zu stillen, nehmen Forscher und Bergbau-Unternehmen auch das Meer ins Visier.

Diamanten, Gold, Kobalt oder Kupfer - im Meer schlummern gewaltige Reserven. "Einige Metalle werden vermutlich bald so teuer sein, dass sich der sehr aufwendige marine Bergbau wirtschaftlich lohnen wird, andere wird man eventuell aus rein politischen Gründen abbauen, um die Rohstoffversorgung zu sichern", sagt Dr. Sven Petersen, Geowissenschaftler am Kieler Leibniz Institut für Meereswissenschaften (IfM-Geomar).

Vor allem zwei Rohstoffquellen haben Forscher, Ingenieure und Unternehmen im Blick: Die Manganknollen und -krusten, in denen Kupfer, Nickel und Kobalt stecken, und die Massivsulfidvorkommen, die Kupfer, Zink, Silber, Gold sowie seltene, aber technisch wichtige Metalle wie Indium, Germanium, Wismut und Selen enthalten.

Schwarze Raucher sind Erzfabriken am Meeresboden

Vor der Küste von Papua-Neugineas könnte der Goldrausch der Neuzeit beginnen. In den Ablagerungen von Metallsulfiden, Verbindungen aus Schwefel und Metall, sollen große Mengen an Gold und Kupfer stecken. Die kanadisch-australische Firma Nautilus Minerals Inc. steht in den Startlöchern, um den Schatz aus 1700 Metern Tiefe in der Bismarcksee zu heben. Nur die Weltwirtschaftskrise dämpfte die Goldgräberstimmung kurzfristig, weiß Dr. Sven Petersen vom IfM-Geomar.

Metallsulfide entstehen in der Umgebung von sogenannten Schwarzen Rauchern oder Black Smokers. Das sind kaminartige Gebilde, die sich in Wassertiefen bis zu 4000 Metern an heißen Tiefseequellen bilden. Sie wachsen dort empor, wo an aktiven ozeanischen Rückensystemen durch vulkanische Aktivität neuer Meeresboden entsteht. Kaltes Meerwasser dringt durch Spalten in der ozeanischen Kruste kilometertief ins Erdinnere und wird erhitzt. Das heiße Wasser löst Metalle aus dem Gestein. Anschließend kehrt es, mit Metallen beladen, an den Meeresboden zurück, wo es mit bis zu 400 Grad Celsius ausströmt.

In dem metallhaltigen Wasser sind vor allem Eisen, Kupfer und Zink gelöst - aber auch Spuren von Gold und so wertvolle technische Metalle wie Indium, Germanium, Wismut und Selen können in ihnen angereichert sein. Trifft die heiße Lösung am Meeresboden auf das kalte Tiefseewasser, fallen schwarze Metallsulfide aus. "Black Smoker sind also Erzfabriken. Zu den Vorteilen der Lagerstätten gehört, dass sie direkt am Meeresboden, auf der Oberfläche sitzen. Es muss also kein Nebengestein beiseite geräumt werden wie so oft bei Landlagerstätten. Auch der Bau von Infrastruktur für den Bergbau entfällt, man wird die Vorkommen von einem Schiff aus abbauen", sagt Petersen.

Das könnte sich lohnen: Nach Analyse der Gesteinsproben, die Nautilus in der Bismarcksee genommen hat, schätzt das Unternehmen, dass in jeder Tonne Gestein etwa 15,5 Gramm Gold und 108 Kilogramm Kupfer stecken. Das sei, so die Firma, siebenmal mehr als in den meisten Lagerstätten an Land.

Allerdings lohnt sich der Abbau nicht in jedem Fall. Von den knapp 200 unterseeischen Sulfidvorkommen eignen sich auf Grund ihrer Größe und ihres Metallgehaltes vielleicht überhaupt nur zehn. "Von diesen zehn sind einige auch noch in sehr, sehr großen Wassertiefen", so Petersen. Die besten Vorkommen werden im Pazifik vermutet: vor Papua Neuguinea, Neuseeland, den Tonga-Inseln und vor Japan. "Zunächst einmal werden die inaktiven Sulfidvorkommen abgebaut werden." Schon deshalb, weil kein Werkzeug einem Einsatz in 400 Grad heißem, saurem Wasser standhält. Ökologisch hält Petersen den Abbau für unproblematisch, "da nur punktuell in das Ökosystem eingegriffen wird."

Manganknollen enthalten auch Kupfer, Nickel, Kobalt

Abgestorbene Kieselalgen, kleine Krebse oder anderes Getier liefern nicht nur Nahrung für Tiefseebewohner, in ihren Schalen stecken auch wertvolle Metalle. Diese landen teilweise in Manganknollen, die in Tiefen zwischen 4000 und 6000 Metern im Meeresboden stecken. Die blumenkohlartigen Klumpen enthalten durchschnittlich einen Anteil von 25 Prozent Mangan, beigemengt sind etwa drei Prozent Kupfer, Nickel oder Kobalt. Das macht die Knollen so attraktiv.

Schon in den 1970er-Jahren erntete ein Konsortium Manganknollen aus der Tiefsee. "Doch als in den 80er-Jahren die Rohstoffpreise einbrachen, lohnte der Aufwand nicht mehr", erläutert der Geophysiker Petersen. Daran habe sich bis heute nichts geändert - doch Kobalt könnte den marinen Bergbau wieder aktivieren.

Denn das Metall, das in der Raumfahrt-, Raketen- und Rüstungsindustrie unersetzlich ist, "wird überwiegend in Zentralafrika gewonnen. Die westliche Welt hat keine eigenen Vorkommen dieses strategisch wichtigen Elementes. Deshalb wollen einige Nationen den marinen Bergbau aufnehmen."

Große Vorkommen gibt es im Indischen Ozean, im Perubecken vor der Küste Südamerikas und in einem mehr als 5000 Kilometer langen Gebiet zwischen Hawaii und der Westküste Mexikos. Im "Manganknollengürtel" erkunden Deutschland, Russland, Frankreich, Korea, Japan und China die Lagerstätten. 75 000 Quadratkilometer groß ist das Explorationsgebiet, das die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit Sitz in Hannover erforscht.

Die Knollen, die bis zur Größe eines Salatkopfes heranwachsen können, liegen in dem weichen Sediment dicht an dicht. "Wie immer man die Knollen herausholt, man wirbelt Sediment auf. Das ist problematisch", sagt Dr. Petersen. Die Tiefseeraupe, mit der ein internationales Konsortium 1978 erstmals Manganknollen aus dem Zentralpazifik barg, pumpte den mit den Manganknollen aufs Deck gespülten Schlamm einfach wieder ins Wasser zurück. Diese trübe Wolke nahm den lokalen Lebewesen jegliches Licht und trat eine Reise rund um den Globus an. Dabei begrub der feine Schlamm Korallenbänke und andere Lebewesen unter sich.

Sorgen bereiten dem Geowissenschaftler die direkten ökologischen Folgen des Eingriffs: Es sei zwar nicht mit einem völligen Kahlschlag am Meeresboden zu rechnen, auch eine Wiederbesiedlung erfolge, "aber mit anderen Arten." Die Spur der Verwüstung, die die Tiefseeraupe 1978 hinterließ, ist noch heute zu sehen.