Die Flussauen in Deutschland sind auf dem Rückzug und fehlen damit als wertvolle Überschwemmungsflächen bei Hochwasser. Zwei Drittel der Auen an deutschen Flüssen sind durch intensive Nutzung der Flächen bereits vernichtet. Das geht aus dem gestern in Bonn vorgelegten ersten Auenzustandsbericht des Bundesamts für Naturschutz (BfN) hervor.

Nach Deichbauten an vielen Abschnitten von Rhein, Elbe, Donau und Oder sind dort sogar nur noch zehn bis 20 Prozent der ehemaligen Auen vorhanden. Zudem befinden sich nur zehn Prozent der noch vorhandenen Flussauen in einem naturnahen Zustand, heißt es weiter. "Es besteht dringender Handlungsbedarf, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und die Flussauen naturnah zu entwickeln", mahnte BfN-Präsidentin Beate Jessel bei der Vorstellung des Berichts. "Denn Auenschutz dient nicht nur dem Naturschutz, er ist zugleich praktizierter Hochwasserschutz und unterstützt angesichts vielfach steigender Hochwassergefahren die notwendige Anpassung an den Klimawandel."

Sieben Jahre nach dem verheerenden Elbe-Hochwasser werde das Potenzial der Flussauen als Rückhaltegebiete bei Hochwasser zu wenig genutzt. "Hier sind in den nächsten Jahren verstärkte Anstrengungen bei Ländern und Gemeinden, aber auch vonseiten des Bundes erforderlich." Jessel bezeichnete es gerade in Zeiten des Klimawandels als notwendig, Schutz und Wiederherstellung der Flussauen als "Verbündeten des Hochwasserschutzes" in der Öffentlichkeit sowie in Politik und Verwaltung stärker zu verankern. "Intakte Flussauen sind eine moderne Arche Noah", unterstrich sie. "Kein anderes Ökosystem in Mitteleuropa beherbergt eine vergleichbare Arten- und Lebensraumvielfalt."

Gerade in Zeiten des Klimawandels sei es für den Hochwasserschutz notwendig, Flussauen besser zu erhalten oder wiederherzustellen. Zudem sorgten naturnahe Auen für sauberes Trinkwasser und seien Lebensraum für eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere.

Gesetzliche Bestimmungen ließen zu viele Ausnahmen zu. Um den Zustand zu verbessern, sei ein übergreifendes Gesamtkonzept notwendig, forderte Jessel. Mit dem Auenzustandsbericht liegt erstmals ein bundesweiter Überblick über den Verlust von Überschwemmungsgebieten und den Zustand der Flussauen vor. Dafür wurden Auen mit einer Gesamtfläche von rund 15 500 Quadratkilometern an 79 Flüssen auf einer Länge von mehr als 10 000 Flusskilometern bewertet.