Ist möglicherweise ein Virus der Krebsauslöser? US-Forscher entdeckten das XMR-Virus in rund jedem vierten von 200 untersuchten Prostatakarzinomen. Bei Gesunden fand sich der Erreger, das sogenannte Xenotrope Murine Leukämievirus-verwandte Virus (XMR-Virus) nur in jeder 17. Prostata-Gewebeprobe, berichtet das Team um Ila Singh von der Universität von Utah in Salt Lake City in "PNAS", den Veröffentlichungen der US-Akademie der Wissenschaften. Das Virus trat demnach vor allem bei aggressiveren Tumoren auf.

Diese Entdeckung bestätigt einmal mehr die Annahme des deutschen Medizinnobelpreisträgers, Prof. Harald zur Hausen, dass Viren an der Entstehung mehrerer Krebsformen beteiligt sind. "Wir untersuchen, ob Viren bei Leukämien eine Rolle spielen. Auch bei Dickdarmkrebs und Brustkrebs suchen wir nach bisher unbekannten Viren oder anderen Erregern", hatte zur Hausen dieser Zeitung erst kürzlich gesagt und hinzugefügt: "Ich glaube, dass wir noch mehr Erreger finden werden."

Das XMR-Virus (XMRV) ist als Auslöser von Blutkrebs und bösartigen Weichteiltumoren (Sarkomen) bei Tieren bekannt. Beim Menschen wurde es noch nicht als Krebsursache beobachtet. Sollte sich die krebserregende Wirkung bestätigen, böte das Chancen für die Entwicklung neuer Diagnosetests, Impfstoffe und Therapien für Prostatakrebs. Gegen Papillomviren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen, ist - auf Basis der bahnbrechenden Forschungsarbeiten von Prof. zur Hausen - ein Impfstoff entwickelt worden.

Das XMR-Virus gehört zu den sogenannten Gamma-Retroviren, die ihr Erbgut in dasjenige der infizierten Zelle einbauen. Dabei kann es passieren, dass sich die Viren-DNA direkt neben einem Gen für das Zellwachstum einbaut. Das Zellwachstum kann dadurch gestört werden und aus dem Ruder laufen - Krebs entsteht.

Virale Proteine fanden die Forscher fast ausschließlich in bösartigen Prostatakrebszellen, was nahelegt, dass eine XMRV-Infektion direkt mit der Tumorentstehung verbunden ist. Die Forscher wollen diesen möglichen Zusammenhang nun weiter untersuchen. "Im Moment haben wir viele Fragen", erläuterte Singh. "Und wir glauben, dass sich eine weitere Untersuchung lohnt."

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland der häufigste Krebs bei Männern. Bundesweit werden derzeit rund 58 000 Prostatakarzinome pro Jahr diagnostiziert, etwa 11 000 Männer sterben an dem Krebs. Wird der Tumor rechtzeitig entdeckt, sind die Heilungschancen gut. Zur Früherkennung steht unter anderem ein Bluttest zur Verfügung, der die Konzentration eines bestimmten Proteins misst.