Hamburger Kardiologe setzt Verfahren ein, bei dem die Mitralklappe über einen Katheter repariert wird. Der Start einer internationalen Forschungsstudie.

Hamburg. Im Großraum Hamburg leben rund 10 000 Menschen mit einer Herzschwäche, die auf eine Undichtigkeit der sogenannten Mitralklappe zurückgeht. Sie fühlen sich ständig schlapp, kommen schnell aus der Puste und Treppensteigen ist für sie eine Qual. So erging es auch Dorothea Scharfenberg (59). Eine Herzoperation hätte ihr helfen können. Doch aufgrund gefährlicher Vorerkrankungen - einer eingeschränkten Nierenfunktion und eine durch Chemotherapie besiegte Krebserkrankung - war bei ihr das Risiko einer Herz-OP zu groß.

Dennoch gelang es dem Hamburger Kardiologie-Professor Joachim Schofer (59), ihre Herzschwäche zu beheben. "Jetzt fällt mir alles leichter und Treppen steigen kann ich auch wieder", sagt die Patientin. Dass sie bei ihrem Auftritt vor der Presse gestern nervöser war als bei dem Eingriff am 23. Juli, hing auch mit der Ankündigung der Mediziner zusammen. Denn die Methode, ohne Operation mit einer "Naht am Herzen" die Klappe zu reparieren, "ist eine Weltpremiere", verkündete der Kardiologe Schofer.

Der Hamburger, der mit seinem Kollegen Prof. Detlef Mathey das Universitäre Herz- und Gefäßzentrum in Stellingen führt, leitet die Studie, in der diese Behandlungsmethode an weiteren 50 Patienten in Herzzentren im In- und Ausland wissenschaftlich begleitet und kontrolliert wird.

Studienleiter Schofer ist sicher, dass die in den USA entwickelte Technik ausgewählten Patienten hilft, denen eine Operation aus medizinischen Gründen nicht zugemutet werden kann. Um genau diese Erkrankten ging es auch vor knapp einem Jahr, als Schofer mit den Herzmedizinern des UKE ein anderes Verfahren der Mitralklappenreparatur vorgestellt hatte. Dabei werden die beiden Segel der Mitralklappe mit einem Clip zusammengebracht, was die Ventilfunktion des Herzens auch verbessert. Inzwischen sind im UKE etwa 60 Patienten auf diese Weise ebenfalls ohne OP über Katheter behandelt worden.

Das gestern vorgestellte Verfahren sieht Schofer weniger als konkurrierendes denn als eine alternative Methode für Patienten, bei denen es medizinisch sinnvoll sei, den sogenannten Ring der Herzklappe direkt zu beeinflussen.

Dies geschieht über einen Schlauch (Katheter), der über die Arterie an der Leiste bis zum Herzen geschoben wird. Der Spezialkatheter wird zum hinteren Mitralsegel an den Klappenring geführt. An acht bis zehn Stellen setzt der Kardiologe dann Mini-Anker in den Herzmuskel. Durch Zug wird der Klappenring so weit gerafft, dass die Klappe ihre Ventilfunktion wieder erfüllt. Schofer: "Schon eine Raffung um einen Zentimeter des Rings macht die Klappe wieder dicht", sagt Schofer.

Das Verfahren funktioniere ähnlich wie eine operativ durchgeführte Naht, "ist aber weitaus schonender für die Patienten, weil der Brustkorb nicht eröffnet werden und keine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt werden muss", so Schofer weiter.

Bereits zwölf Stunden nach dem Kathetereingriff habe die Patientin das Klinikbett verlassen können. Welche Erinnerung hat Dorothea Scharfenberg an die "Weltpremiere"? "Von dem Eingriff habe ich überhaupt nichts gespürt", sagt sie.

Warum die Behandlung unter Vollnarkose abläuft, erklärt Prof. Schofer: Das Führen des Drahtes, die Verlegung der Anker und die Fixierung des Fadens müssen millimetergenau überwacht werden. Dies geschieht über eine Ultraschallsonde, die durch die Speiseröhre so positioniert wird, dass sie genaue Bilder von jedem Detail liefert. Die Narkose macht den Patienten diese Prozedur erträglich.

Auch in nächster Zukunft wird das Verfahren nur innerhalb des Forschungsprojekts angewendet werden. Dorothea Scharfenberg hat den Start möglich gemacht - als erster Mensch, bei dem die Herzklappe auf diese Weise behandelt wurde. Schofer hatte die Vorgehensweise zuvor an Schafen in Paris getestet, um sicher mit der speziellen Kathetertechnik umgehen zu können. Alle Kosten werden innerhalb der Studie von Sponsoren und dem US-Unternehmen getragen, dessen Medizin-Experten es entwickelt haben.