GKSS-Wissenschaftler sammeln Daten über die Wellen in Nord- und Ostsee. Die Erkenntnisse sollen geplante Offshore-Windanlagen sicherer machen.

Odas soll sich nicht von der Stelle bewegen. Das ist seine Bestimmung, die ihm Wissenschaftler des Forschungszentrums GKSS in Geesthacht gaben. Denn Odas ist eine Messboje für Wellenhöhen - und hat eigentlich keinen richtigen Namen; die vier Buchstaben stehen für "Ocean Data Acquisition System", also für das Datensammeln im Meer.

Ausgerechnet bei hohem Seegang, den er eigentlich messen soll, geriet der kleine Kerl mit der meterhohen Antenne aus dem Lot: Bei einem Sturm im November 2007 verschwand die Boje mitsamt ihrer vier sie kennzeichnenden Buchstaben von ihrem Forschungsstandort rund 40 Kilometer nordwestlich der Ostsee-Insel Rügen.

Seit dem 6. März 2009 ist klar: Polnische Fischer hatten den Ausreißer nach knapp anderthalb Jahren gefunden und dies im Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund gemeldet.

Darauf reiste die Forschungsboje auf einem polnischen Tonnenleger nach Swinemünde. Dort holten Stralsunder Kollegen sie ab. Techniker des GKSS-Instituts für Küstenforschung nahmen den Findling (Neupreis: 35 000 Euro) in Stralsund in Empfang und checkten ihn in Geesthacht gründlich. "Die Boje war vollkommen intakt geblieben", sagt Volker Dzaak, zuständig für die Institutslogistik.

Weshalb Odas nach Osten abdriftete, ist unklar. "Die Boje hatte keine Kette mehr, als wir sie holten. Deshalb wissen wir nicht, ob die 15 Meter lange Gummi-Leine, an der sie im oberen Wasserbereich befestigt war, abgeschnitten oder abgerissen wurde", erklärt Dzaak. Es könne passieren, dass eine Schiffsschraube eine Boje von der Verankerung trenne oder sich Odas im Sturm losgerissen habe. In der Vergangenheit gab es drei Fälle, bei denen dänische Fischer für eine Boje Finderlohn kassierten. "Beim letzten Mal hatten wir 3500 D-Mark bezahlt, plus 150 Mark für den Transport an Land", sagt Dzaak. Die polnischen Fischer bekamen jetzt "Naturalien": T-Shirts, Mützen, Flaggenständer mit GKSS-Emblem.

Vergangene Woche hat Dzaak seinen Schützling wieder aus der Hand gegeben. Kollegen vom Institut für Meereskunde der Universität Hamburg holten die Boje ab, verpassen ihr nun einen neuen Anstrich, eine neue Batterie und nehmen sie wieder mit auf See. Denn Odas soll eine zweite Chance erhalten. "In dieser oder der nächsten Woche wird die Boje wieder an ihrem alten Standort vor Rügen messen", so Dzaak. Sie wird dann, wie gehabt, Wellenhöhen und -täler registrieren, die Frequenz der Wellen und ihre Richtung sowie die Wassertemperatur erheben.

Odas schwimmt in der Nähe von "Fino II", einer von drei deutschen Forschungsplattformen für Offshore-Windenergieanlagen. Denn die Daten sollen vor allem dazu dienen, die Interaktion von Seegang und der Stahlkonstruktion zu erforschen. Seit November 2007 sind diese Messungen nun ausgefallen - das Loch in den Messreihen sei neben dem verloren gegangenen Befestigungsmechanismus der größte Verlust, den der Ausreißer verursachte, so Dzaak.

An der jüngsten Forschungsplattform "Fino 3", 80 Kilometer vor Sylt, bekamen Odas und seine sechs elektronischen Kollegen, die GKSS-Wissenschaftler in Nord- und Ostsee betreiben, jetzt Konkurrenz: Ende Juli nahmen die GKSS-Forscher dort ein Doppler-Radar in Betrieb, das aus einer Höhe von 50 Metern oberhalb der Meeresoberfläche den Seegang registriert. Hier können selbst die größten Brecher die Messtechnik nicht annähernd erreichen geschweige denn das Gerät fortreißen. Das ist auch besser so, denn im Gegensatz zu Odas kann das Radargerät nicht schwimmen.

Die Werte der insgesamt sieben GKSS-Messbojen in Nord- und Ostsee (engl.): www.coastlab.org