Wann und weshalb entdeckte der Mensch den aufrechten Gang? Das ist eine alte Streitfrage unter Wissenschaftlern, die sich mit der Menschheitsentwicklung befassen.

Studien über die Gangarten verschiedener Menschenaffen zeigen jetzt, dass der Mensch die Zweibeinigkeit bereits entwickelte, als er den Lebensraum Baum verließ.

Danach hat sich der aufrechte Gang nicht entwickelt, nachdem der frühe Mensch eine Weile vierbeinig am Boden lebte wie der Gorilla, sondern er nutzte schon in den Bäumen lebend eine Art Zweibeinigkeit, ähnlich wie Schimpansen und Bonobos. Das jedenfalls belegen Untersuchungen amerikanischer Forscher an den Handknochen von Menschenaffen. Die Knochen baumlebender Schimpansen und Bonobos ähneln denen des Menschen mehr als jene bodenlebender Gorillas.

Schimpansen und Bonobos jedoch haben bereits in grauer Vorzeit einen für das Leben auf Bäumen geeigneten Handknöchelgang entwickelt. Daraus schließt das Forscherteam, dass der Mensch sich im Laufe der Evolution nicht einfach immer mehr vom Boden aufgerichtet hat. Vielmehr, so die Forscher in den "Proceedings of the National Academy of Sciences", ist er schlichtweg von den Bäumen gestiegen, und seine Vorderpfoten hätten sich zu reinen Greifhänden weiterentwickelt.

Seit Darwin wird heftig diskutiert, wie der Mensch zweibeinig wurde. Die eine Haupttheorie "sieht einen vormenschlichen Vorfahren als einen Handknöchel-Geher auf dem Erdboden", schreiben Daniel Schmitt und Tracy Kivell von der Duke University. Das andere Erklärungsmodell verfolgt das zweibeinige Gehen auf früheres Baumklettern zurück.

Gorillas, stellten die Forscher jetzt fest, greifen mit ihren Armen und Knöcheln weit aus, halten aber den ganzen Arm in einer "Säulenform", wodurch ihr Gang dem von Elefanten ähnelt. Im Gegensatz dazu gehen Schimpansen und Bonobos flexibler, "mit ihren Handknöcheln in gebeugten Positionen, sodass mehr Druck auf den Handgelenken liegt". Bei Schimpansen und Bonobos haben sich deshalb spezielle Handbeugen herausgebildet, die das Handgelenk vor Überdehnung schützen. Gorillas brauchen für ihre Gangart dieses Merkmal nicht. Es haben sich, so schließen Schmitt und Kivell, vermutlich unabhängig voneinander zwei Arten des Gehens mit den Handknöcheln entwickelt, zum einen die von Schimpansen und Bonobos und zum anderen die von Gorillas.

Die Hand des Menschen ähnelt mehr der Hand der auf Bäumen lebenden Schimpansen und Bonobos. Darum liegt die Vermutung nahe: Vor etwa sieben Millionen Jahren wechselten Affen vom Lebensraum Baum auf den Boden und entwickelten im Laufe von Hunderttausenden Jahren die Zweibeinigkeit. Knochenfunde bestätigen das. Zwar gibt es keine Fossilien aus der Übergangszeit von Affe zu Mensch, doch keine der Fossilien, die als menschliche Vorläufer gelten, weisen Handknöchel auf, die denen des Gorillas ähneln.