Im Land grassiert eine Seuche. Das Virus mit dem Namen H1N1 verbreitet sich in Windeseile - nur bedroht fühlt sich kaum jemand. Wie auch? Knapp 8000 Menschen sind in Deutschland erkrankt, meist genesen sie ohne große Komplikationen.

Und selbst wenn die Zahl der Infizierten, wie Experten orakeln, in die Millionen klettern sollte - spätestens im Winter werden acht bis zwölf Millionen Deutsche an der "normalen" Grippe leiden. An ihr sterben Jahr für Jahr bis zu 10 000 Menschen allein in Deutschland. Dagegen wirkt die Schweinegrippe, die bislang weltweit 1444 Menschenleben forderte, nahezu harmlos.

Daher ist es vernünftig, jetzt keine Großveranstaltungen abzusagen. Im Winter gehen viele Menschen doch auch in Hallenbäder, Theater oder Kinos - und setzen sich dort einer viel größeren Infektionsgefahr aus. Und wer jetzt für eine Verlängerung der Ferien plädiert, der kann sich des Beifalls der Schüler und Lehrer gewiss sein, vernünftig ist es nicht. Abgesehen davon, dass sich die Jugendlichen auch in Schwimmbädern oder Freizeitzentren mit H1N1 anstecken können, müssen die Protagonisten dieses Plans die Frage beantworten: Sollen die Schulen jetzt immer während der alljährlichen Grippewelle geschlossen werden?

Doch lassen wir uns nicht täuschen. Noch ist das Virus verglichen mit seinen Artverwandten geradezu zahm. Aber es kann zum Ausgangspunkt für ein tödliches Supervirus werden. Das macht die Schweinegrippe so gefährlich. Es ist daher sinnvoll, darauf vorbereitet zu sein, dass sie zur konkreten Bedrohung werden kann - eben zu einer Seuche klassischen Formats. Selbst wenn die Pandemie ausbleibt: Die rasante Verbreitung von H1N1 zeigt, die Welt ist eben doch ein Dorf. Daher müssen Seuchenexperten jeden Erreger ernsthaft bekämpfen.