Über Ballasttanks eingeschleppte fremde Tiere oder Algen verursachen Milliardenschäden. Dabei gibt es Techniken, die die unerwünschten Passagiere abtöten.

Exotische Meeresbewohner, die über das Ballastwasser von Schiffen in fremde Regionen eingeschleppt werden, verursachen in ihren neuen Lebensräumen jährlich Schäden von 36 Milliarden Euro. Diese Zahl ermittelte kürzlich die Umweltstiftung WWF. Abhilfe ist in Sicht: "Inzwischen sind weltweit sechs Systeme auf dem Markt, die das Ballastwasser desinfizieren und damit das unbeabsichtigte Ansiedeln fremder Arten verhindern", sagt Karin Sigel vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH). Die Behörde bearbeitet in Deutschland das Problem der Unterwasser-Invasoren und lässt zugleich Ballastbehandlungsanlagen zu.

Zu den ungeliebten Einwanderern zählt die Chinesische Wollhandkrabbe, die seit vielen Jahrzehnten auch das Ökosystem der Elbe durcheinanderwirbelt. "Sie ist eine Nahrungskonkurrentin zu einheimischen Arten", sagt Karin Sigel, "Untersuchungen zeigen bereits Rückgänge in der hiesigen Flussfauna." Zudem graben die Krabben Röhren in Dämme und Uferbauten, zerschneiden mit ihren Scheren Fischernetze und Angelschnüre, verstopfen mit ihren Leibern Dränagen und Kühlsysteme auf Schiffen. Der WWF schätzt, dass die Krabbe, deren Körper gut handtellergroß ist, allein in Deutschland bereits Schäden von insgesamt 80 Millionen Euro angerichtet hat.

Weitere Invasoren sind die Nordamerikanische Rippenqualle, die im Schwarzen Meer Sardelle und Sprotte stark dezimiert hat und nun in Nord- und Ostsee aufgetaucht ist. Oder der Schiffsbohrwurm, der Holzbauten befällt. Sigel: "Der Bohrwurm kann Holzbrücken zum Einsturz bringen, Hafenbefestigungen oder Boote befallen. Allein für die deutsche Küste schätzen wir die jährlichen Schäden auf 50 Millionen Euro."

Das weltweite Problem in den Griff zu bekommen ist eine gigantische Aufgabe. Etwa 40 000 Schiffe müssen technisch so ausgerüstet werden, dass ihr Ballastwasser keinen Schaden mehr anrichten kann, wenn es in der Nähe des Zielhafens ins Meer gepumpt wird. 2004 verabschiedete die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO die sogenannte Ballastwasserkonvention. Demnach müssen von 2016 an alle Schiffe ihr Ballastwasser behandeln, bevor sie es wieder von Bord pumpen.

Bislang würden entsprechende Systeme viel zu selten eingesetzt, obwohl längst kostengünstige Technologien zur Verfügung stünden, kritisiert der WWF. "Vereinzelt" seien bereits Anlagen eingebaut worden, sagt Karin Sigel, die beim BSH den Bereich Umweltschutz im Seeverkehr leitet. Allerdings habe die weltweit erste Anlage erst im Juni 2008 grünes Licht bekommen - vom BSH. Die anderen fünf Behandlungsanlagen wurden in Norwegen (zwei), Großbritannien, Korea und Liberia zugelassen. Vier weitere Systeme stünden kurz vor der Zulassung, so Sigel, eines davon in Deutschland.

Technisch gibt es drei Ansätze, um die blinden Passagiere in den Tanks unschädlich zu machen: mechanische, physikalische und chemische Verfahren. "Die heutigen Systeme arbeiten alle physikalisch oder chemisch", so Sigel. "Es gibt noch kein Verfahren, dass rein mechanisch funktioniert. Allerdings schalten alle Anlagen mechanische Filter vor die eigentliche Behandlung."

Auf physikalischem Wege werden die Organismen entweder mit UV-Bestrahlung oder per Elektrolyse getötet. Letztere zerlegt durch Stromzufuhr das Meersalz (chemisch Natriumchlorid), sodass sich giftige Chlorverbindungen bilden. Wird der Strom abgestellt, kehrt sich der chemische Prozess um, es bildet sich wieder Salz. Dem Wasser wird also keine fremde Substanz zugegeben - "ein Verfahren, das wir aus der Trinkwasseraufbereitung kennen", sagt Sigel.

Die chemischen Verfahren setzen dem Wasser dagegen spezielle Substanzen zu, die die Tankinsassen abtöten. "Hier achten wir vor allem darauf, dass die Stoffe schnell abgebaut werden. Sie werden beim Einlassen des Ballastwassers zugemischt, wirken während der Passage und müssen vor dem Abpumpen gänzlich abgebaut sein. Deshalb schreiben manche Verfahren Mindestzeiten vor, in denen die Chemikalie im Tank verweilen muss."

Die Reeder haben also die Wahl, um ein zur Schiffsgröße und zum Fahrtgebiet passendes System einzusetzen. Die UV-Bestrahlung und die Elektrolyse brauchen Strom, der an Bord erzeugt werden muss. Das erhöht den Ausstoß von Kohlendioxid, der zukünftig auch im Seeverkehr begrenzt werden soll. Dagegen benötigen die chemischen Verfahren giftige Substanzen, die sicher an Bord gelagert werden und auf der jeweiligen Route in den Häfen verfügbar sein müssen.

Insgesamt stünden ausreichend Techniken zur Verfügung, um das Ballastwasserproblem zügig anzugehen, meint Sigel, die auch im Umweltausschuss der IMO mitarbeitet. Dort seien die Reeder durchaus aufgeschlossen, die Anlagen bereits vor dem Termin 2016 auf ihren Schiffen zu installieren, um dieser zerstörerischen Form der Seetouristik Einhalt zu gebieten.