Die Raubtiere der Arktis leiden unter dahinschmelzenden Packeisflächen, unter Schadstoffen und Jagd.

Ähnlich wie das Eis der Arktis schmelzen die Bestände der Eisbären, und das schneller als vermutet. Zu diesem Ergebnis kommt die neueste Bestandsschätzung der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Von zwölf der 19 Bärenpopulationen der Arktis liegen Daten vor: acht schrumpfen, eine wächst, drei sind in etwa konstant.

Dies zeige, dass sich die Situation der Symboltiere der Arktis deutlich verschlechtert habe, betont die Umweltstiftung WWF. "Es gibt einen beunruhigenden Abwärtstrend. Sollte er sich ungebremst fortsetzen, könnte die Zahl der Eisbären im Jahr 2050 um mindestens 30 Prozent niedriger liegen als heute", warnt WWF-Artenschutzexperte Stefan Ziegler. Große Gebiete am Nordpol wären dann "eisbärenfreie Zonen". Schuld sei der menschengemachte Klimawandel.

Auch die Eisbärenspezialisten-Gruppe der IUCN sieht die Erderwärmung als größte Gefahr für die Zukunft der weißen Riesen, denn die Raubtiere sind bei ihrer Robbenjagd auf das Packeis angewiesen. "Der Rückgang der Eisflächen beschleunigt sich. 2007 und 2008 hatte er ein Ausmaß erreicht, das zuvor noch nie beobachtet wurde", so die IUCN-Experten. Für einzelne Bestände, etwa für die Bären der Baffin-Bucht zwischen Kanada und Grönland, sei nachgewiesen, dass sie unter der Zerstörung ihres Lebensraums litten.

Auch langlebige Schadstoffe, die über Flüsse und Meeresströmungen sowie über die Atmosphäre aus den Industriestaaten bis in die Nordpolarregion gelangen, setzen den Raubtieren zu. Die Umweltgifte stehen im Verdacht, den Hormonhaushalt der Bären zu stören und ihr Immunsystem zu schwächen. Möglicherweise seien auch Verhaltensänderungen auf zu hohe Schadstoffaufnahmen zurückzuführen.

Eine dritte Bedrohung ist die Jagd. Zwar betont die IUCN, dass Ureinwohner weiterhin auf Bärenjagd gehen können - solange dies die Bestände nicht überfordere. Das sei aber oftmals der Fall. Besonders kritisch wird es für Polarbären-Populationen, bei denen der Lebensraumverlust und eine zu hohe Jagdquote zusammentreffen. Dies beobachteten die Eisbärenforscher in der Baffin-Bucht, vor allem aber in der Chukchi Sea, einer Meeresregion zwischen Alaska und Russland. Dort treffe die illegale russische Jagd auf einen der höchsten Verluste an arktischem Seeeis.

Diese Bedrohung durch mehrere Faktoren werde bislang zu wenig beachtet, so die IUCN. Sie fordert die fünf Staaten des Nordpolarkreises (USA, Kanada, Dänemark, Norwegen, Russland) auf, im Rahmen ihrer nationalen Beobachtungsprogramme vermehrt Eisbären mit Sendern auszustatten. Insgesamt schätzt die Expertengruppe, dass heute noch zwischen 20 000 und 25 000 Bären leben. Allerdings gebe es "viel Raum für Fehler". Hauptsächlich deshalb, weil noch schwer abzuschätzen sei, wie stark die Einflüsse des Menschen die Bestände dahinschmelzen lassen.