Die Frage, ob mit oder ohne Gummi, ist längst nicht mehr auf das älteste Gewerbe der Welt beschränkt. Denn der moderne Hygiene-Hype hat alle Lebenslagen fest im Griff - in Gestalt praktischer Einmalhandschuhe aus leicht säuerlich riechendem Latex.

Der Siegeszug dieser Hygienetütchen begann eher zögerlich vor gut zwei Jahrzehnten, damals aus Angst vor Aids. Nur die Älteren unter uns erinnern sich noch an sterilferne Urzeiten, als der Zahnarzt mit bloßen Fingern im fremden Mund herumhandwerkte und die Arzthelferin einem ganz ohne Gummifinger Blut abzapfte. Damals hieß es allerdings auch: "Bei welchem Arzt hast du dich denn angesteckt?"

Aus, vorbei. Dank der Finger-Dinger aus der Baummilch Kautschuk.

Aber wer konnte ahnen, dass sich deren Einsatzgebiet weit über jede Medizin und den Erste-Hilfe-Kasten hinaus unbegrenzt ausdehnt?

In der topsauberen Welt von heute gibt es im Prinzip kaum noch Handgriffe, die "nackt" ausgeführt werden.

Ob Salatbarbestücker oder Frisur-Stylisten, ob Wurstverkäuferinnen, Kochkünstler oder Reinigungskräfte - alle arbeiten mit klinisch erprobtem Fingerschutz. Meine Kollegin Nina stülpt sich die Dinger über, wenn sie den Karnickelstall ausmistet. Und beim häuslichen Zwiebelschälen oder Rotkohlraspeln sorgen Fingerlinge dafür, dass solche Handgriffe nicht noch nach Tagen geruchs- oder sehtechnisch nachvollziehbar sind. Wir leben im Zeitalter der Gummiüberzüge, die es gepudert (für Schwitzhändchen) und aus Vinyl und Nitril für Allergiker gibt. Aber immer geht es um Rundum-Sauberkeit.

Deshalb können Sie auch gefahrlos an diesem Textstück schnuppern. Es entstand auf einer hygienisch einwandfreien, fast nagelneuen Mac-Tastatur, eingetippt von gummihandbeschuhter Fingerkraft.

Solches Schreibverhalten ist im journalistischen Gewerbe zwar noch die Ausnahme. Aber der Autor würde für folgende Wette seine Fingerkuppen nicht aufs Spiel setzen: Irgendwann erreichen die Fingergummis auch die Bürotastaturen.

Denn anstecken kann man sich überall.