Das Dorf Ny Aalesund auf Spitzbergen ist fest in der Hand internationaler Polarforscher. Bis zu 180 Leute leben hier im hohen Norden. Der Frieden zwischen Fjorden und Bergen wird höchstens gelegentlich vom Lärm der Motorschlitten gestört.

Im Sommer jedoch ist es mit der Idylle vorbei: Dann wird die Forschungsstation an manchen Tagen von 2000 bis 3000 Touristen überschwemmt, die auf Kreuzfahrten durchs Nordmeer hier einen Zwischenstopp einlegen. Für die kleine Gemeinde ist das Fluch und Segen zugleich: "Mehr Touristen, das heißt mehr Geld, aber auch mehr Verschmutzung", sagt Bendik Eithun Halgunset, wissenschaftlicher Berater der Firma Kings Bay, die die Forschungsstation auf norwegischem Staatsgebiet betreibt.

"Es ist ein bisschen unwirklich", sagt Dorothea Schulze, eine deutsche Ingenieurin, die am norwegischen Polarinstitut arbeitet. "Plötzlich haben wir dann 20-mal mehr Touristen als Forscher." Jedes Kreuzfahrtschiff führt zu einem Anstieg der Kohlendioxid-Emissionen in dem Gebiet, was die sensiblen Klima-Messungen der Arktisstation durcheinanderbringt. Die Passagierschiffe können an einem einzigen Tag mehr Emissionen ausstoßen als das dieselbetriebene Kraftwerk für die Versorgung des Dorfes in einem Jahr.

Während ihres Aufenthalts dürfen sich die Kreuzfahrttouristen nicht von der Station entfernen. Gefahr droht durch Eisbären, die sich wegen der Robbenkadaver, die an die Hunde verfüttert werden, hier herumtreiben. Einige Touristen, vor allem Rentner aus den USA und Europa, kommen mit unklaren Vorstellungen: "Wir hatten schon Besucher, die uns Äpfel geschenkt haben", berichtet Halgunset. Offenbar meinten sie, der Ort sei von der Außenwelt abgeschnitten.

"Oder sie füttern die Polarfüchse, fassen millionenteure Ausrüstung an oder nehmen Ausgrabungsstücke mit. Manche Touristen seien auch schon in die Wohnhäuser der Forscher spaziert "und machten Fotos", erinnert sich Halgunset.

Trotzdem sind die Einnahmen aus dem Tourismus für die Forscher unverzichtbar - jährlich im Schnitt 500 000 Euro bei einem Betriebsbudget der Station von 4,3 Millionen Euro. "Das ermöglicht es uns, die Kosten für die Forscher niedrig zu halten", bestätigt Schumacher. Der Touristenstrom bietet den Wissenschaftlern außerdem die Chance, ihre Arbeit vorzustellen. Andernfalls sind sie möglicherweise dem Vorwurf ausgesetzt, das Geld der Steuerzahler in der Abgeschiedenheit der Arktis zu verschwenden. Nicht zuletzt deshalb sucht Halgunset nach einem Kompromiss: "Eine Lösung wäre vielleicht, das Anlegen großer Dampfer zu verbieten und nur kleine Schiffe zuzulassen, die weniger Passagiere bringen, dafür aber interessiertere."