Erst vor wenigen Wochen stoppte Ilse Aigner den Anbau von Genmais, erlaubte aber den Anbau der Genkartoffel für Versuchszwecke. Beide Entscheidungen der Bundeslandwirtschaftsministerin lösten heftige Diskussionen aus - wieder einmal. Denn Grüne Gentechnik bleibt bei uns umstritten. Doch was bei aller öffentlicher Aufmerksamkeit für den Anbau genveränderter Nutzpflanzen oft vergessen wird: Gentechnik ist bei der Herstellung vieler Lebensmittel längst im Spiel.

Grundsätzlich vorweg geschickt: Noch gibt es bei uns keine Pflanze, die als Lebensmittel verzehrt wird, im Laden in gentechnisch veränderter Form zu kaufen. Gen-Tomaten oder Gen-Erdbeeren sind Zukunftsmusik, aber nicht die Realität auf dem Teller. Auch der Genmais Mon810, der nicht mehr angebaut werden darf, war nicht für den direkten Verzehr gedacht. Anders sieht es bei Futtermitteln und Lebensmittelzusätzen aus:

Mais
Schon ein Drittel der weltweiten Maisproduktion besteht aus biotechnologisch veränderten Sorten. Der Mais wird vor allem als Futtermittel für Schweine, Kühe und Geflügel und zur Gewinnung von Biosprit eingesetzt. Auch in der industriellen Lebensmittelproduktion spielt er eine Rolle: Aus Stärke und Mehl von Genmais werden zum Beispiel Traubenzucker und Glukosesirup hergestellt – beides taucht in der Zutatenliste vieler Fertiglebensmittel auf.

Soja
Bei Sojabohnen ist der Anteil der gen-veränderten Pflanzen sogar noch höher. Sie machen 70 Prozent der Weltproduktion aus. Die eiweißreichen Bohnen werden hauptsächlich als Futtermittel verwendet. Daneben gewinnt man aus ihnen Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion: Öl für Margarine, Lecithin für Schokolade, Kekse, Eis.

Raps
Genraps, der bisher vorwiegend in Kanada angebaut wird, macht etwa 20 Prozent der Weltproduktion aus. Aus der Pflanze wird vor allem Öl für die Herstellung von Bio-Kraftstoffen gewonnen. Pressrückstände finden als Futtermittel in der Tiermast Verwendung. Aus neuen, teils auch genveränderten Sorten wird heute auch hochwertiges Speiseöl und Rohstoff für Margarine gewonnen .

Kartoffel
Aktuell sind in der EU noch keine gentechnisch veränderten Kartoffeln zugelassen – mit Ausnahme von Amflora: Die Genkartoffel darf vorerst aber nur zu Versuchszwecken angebaut werden. Sie enthält eine spezielle Stärke, die als Rohstoff für die Papier- und Klebstoffherstellung dienen soll. Die von BASF entwickelte Sorte soll nach dem Willen des Chemie-Konzerns aber auch eine Genehmigung als Lebens- und Futtermittel bekommen.

In USA und Kanada sind vier gentechnisch veränderte Kartoffeln sowohl für den landwirtschaftlichen Anbau als auch zur Verwendung als Lebensmittel freigegeben.

Bakterien
Gentechnisch veränderte Mikroorganismen sind beliebte Helfer der Lebensmittelindustrie. Sie produzieren kostengünstig Zusatz- und Hilfsstoffe, etwa den Geschmacksverstärker Glutamat, der in vielen Fertiggerichten steckt. Die gewonnenen Zusatzstoffe werden so aufbereitet, dass sie keine Überreste der „Bakterienfabriken“ enthalten.

Hefe
Gen-Hefe liefert zum Beispiel Vitamine, etwa Vitamin B 12 oder B2, das auch unter dem Namen Riboflavin in der Zutatenliste auftaucht. Die Vitamine stecken u.a. in Säften, Vitaminpräparaten, Joghurt. Ob die Vitamine aus gentechnischer Produktion stammen, steht übrigens nicht auf dem Etikett. Da die Mikroorganismen quasi nur Mittel zum Zweck sind und nicht ins Endprodukt gelangen, sind sie nicht kennzeichnungspflichtig.

Pilze
Sie werden zum Beispiel auf die Produktion von Enzymen getrimmt, die zum Beispiel in der Käse-Herstellung eine entscheidende Rolle spielen. Auch Brot und Backwaren, Saft, Wein, Fertig- und Tiefkühlprodukte werden mit Hilfe von Enzymen aus gentechnischer Produktion hergestellt. Die Endprodukte haben allerdings so viele Verarbeitungsstufen durchlaufen, dass sie praktisch gentechnikfrei sind.

Fleisch
Bei Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln sind gentechnisch veränderte Pflanzen nur indirekt im Spiel. Rinder, Schweine, Geflügel bekommen auch hierzulande Futter mit Anteilen aus gentechnisch verändertem Mais und Soja. Durch den hohen Bedarf in der Fleischerzeugung müssen tonnenweise Futtermittel aus außereuropäischen Ländern importiert werden. Soja kommt zum Großteil aus USA und Argentinien; in beiden Ländern werden fast ausschließlich gentechnisch veränderte Sorten angebaut.

Milch
Was für Fleisch gilt, gilt auch für Milch und Milchprodukte. Über die Futtermittel für die Kühe kann es einen Gentechnik-Einfluss geben. Lebensmittelanalysen haben aber ergeben, dass die Milch von Kühen mit gentechnisch verändertem Futter identisch ist mit konventionell gefütterten Kühen. Internationale wissenschaftliche Untersuchungen haben außerdem mehrfach bestätigt, dass gentechnisch veränderte Futterpflanzen in Milch oder auch Fleisch nicht nachweisbar sind.

Eier
In der Legehennenhaltung werden zum Teil Futtermittel verwendet, die verschiedene Rohstoffe und Zusätze aus gentechnischer Produktion enthalten können, etwa Genmais. Studien von deutschen und Schweizer Wissenschaftlern haben gezeigt, dass sich keine Spuren der genveränderten Futtermittel in den Eiern anreichern.