Fragwürdig "Wartezeiten: Nervende Fehlorganisation in vielen Praxen - Warum dauert's beim Arzt so lange?", Hamburger Abendblatt, 18. Dezember 2007

Ihr Artikel spricht mir aus der Seele, ein Kundenverständnis haben die wenigsten Ärzte. Kürzlich wurde ich von meinem Hausarzt (Dr. Müller, Neugraben), der seine Praxis gut organisiert und die Termine einhält, zu einem Internisten (ebenfalls in Neugraben) überwiesen. Um einen Termin zu bekommen, sollte ich dort einen Vordruck unterschreiben, der mich bei Nichteinhaltung der Termine zur Zahlung von 20 Euro verpflichtet. Ich habe diesen Vordruck ergänzt, mit dem Ziel, dass ich bei der Nichteinhaltung von Terminen durch den Arzt die gleiche Summe erstattet bekomme. Letzteres führte zu einer Diskussion mit der Sprechstundenhilfe und zu einer Ablehnung durch den Arzt. Ein Termin kam nicht zustande. Hier mangelt es ernsthaft an einem guten Kundenverständnis. Es kann doch nicht sein, dass ein Herrgott in Weiß seine Kunden zu einseitigen Vertragsabschlüssen zwingt. Diese Methode halte ich für fragwürdig, die einer rechtlichen Überprüfung sicher nicht standhält. Akzeptiert man diesen einseitigen Vertrag nicht, bekommt man keinen Termin.

Kontrollbesuch Am 17.12.2007 habe auch ich drei Stunden bei meinem Augenarzt verbracht. Er vergibt keine Termine. Also war ich um 14.45 Uhr vor der Tür, die um 15 Uhr geöffnet wird, weil um 15.30 Uhr der Praxisbeginn ist. Ich war die zweite Patientin (Kontrollbesuch). Nach mir Kommende waren schon wieder verschwunden, ich und auch eine alte Dame, die die Erste in der Reihe war, saßen immer noch. Um 17.50 Uhr kam ich an die Reihe. Nach fünf Minuten war alles erledigt. Die alte Dame saß noch immer da. Auf meine Frage, warum ich so lange warten musste, bekam ich die Antwort: Es waren so viele Patienten an dem Tag da. Ich vermutete auch schlechte Organisation und war stocksauer. Oder lag es daran, dass ich "nur" Kassenpatientin war? Das wage ich gar nicht anzusprechen. Was soll man bloß tun? Immer den Arzt zu wechseln ist keine Lösung.

Äpfel und Birnen Eine HNO-fachärztliche Praxis mit wenigen, meist gut planbaren Notfällen und eine hausärztliche Praxis sind wie Äpfel und Birnen. Hausärztliche Notfälle sind am Telefon oft nicht in ihrem Schweregrad einzuschätzen. Es ist weder vorherzusagen, ob man sie in "kurzer Taktung" in einer Akutsprechstunde abarbeiten kann, noch ob man sie am Abend "hinten dranhängen" kann. Wenn ein Kind mit 41 Grad Fieber und Bauchschmerzen unangemeldet in die Praxis kommt, dann hält es in der Tat den ganzen Betrieb auf und verursacht Wartezeiten für die nachfolgenden Patienten. Aber wenn die Arzthelferin die Mutter auf den Abend vertrösten will, dann wird die Praxis mit dem Rechtsanwalt der Mutter Bekanntschaft machen. Lücken für Notfallpatienten hat wohl jede Praxis in ihrem Terminkalender, aber große Lücken, die alle Notfälle auffangen könnten, schränken die geplante Terminvergabe stark ein. Und nicht nur Wartezeiten in der Praxis sind ein Problem, sondern auch immer längere Wartezeiten der Patienten auf geplante Termine. Viele Patienten mögen sich der Arzthelferin mit ihren Problemen am Telefon nicht anvertrauen und haben im Arztzimmer einen anderen Zeitbedarf als geplant. Eine Grippewelle oder das Noro-Virus können alle Planungen zur Makulatur werden lassen.

Vorgaben Aus meiner Zeit im organisatorischen Bereich verschiedener Arztpraxen kenne ich das Problem. Es hat in vielen Fällen aber gar nichts mit der Unfähigkeit der Mitarbeiter zu tun, sondern mit den Vorgaben der Ärzte. Aus der wirtschaftlichen Angst, am Quartalsende mit Tränen auf sein Konto zu schauen, wird meist durch die Ärzte verlangt, möglichst viele Patienten in die vorhandenen Sprechstunden einzutragen.


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