Das Planetarium im Hamburger Stadtpark schließt für ein Jahr und wird für 9,4 Millionen Euro renoviert: Der Wasserturm wird mit moderner Technik und neuen Räumen zu einem astronomischen Erlebnisturm.

Im ehemaligen Wassertank schweben wie ein Astronaut im Weltall, unter Dolby-Surround-Klängen zu einer virtuellen Reise durchs flackernde Universum aufbrechen, und am Ende bei einem Glas Wasser den Blick über Stadtparksee und Außenalster schweifen lassen. Das Hamburger Planetarium wandelt sich in einen astronomischen Erlebnisturm mit modernster Technik und neuen Ausstellungsräumen. Das Ham-burger Architektenbüro Bothe Richter Teherani (BRT)gestaltet den einstigen Wasserturm komplett um. Dafür wird das Sternentheater im Stadtpark am Montag,12.August, für zwölf Monate geschlossen.9,4 Millionen Euro werden in den Ausbau investiert. Monatelang haben Ingenieure das Gebäude vermessen. Zusammen mit dem Amt für Denkmalschutz möchte man zum ursprünglichen Aussehen des einstigen Wasserturms zurückkehren. So wie ihn der damalige Hamburger Baudirektor Fritz Schumacher Anfang des 20.Jahrhunderts in Einheit mit dem Stadtpark plante. Der Eingang des Hauses soll von der Rückseite erfolgen, Aufgänge zurückgebaut und in den 60er-Jahren eingezogene Decken herausgenommen werden. Drinnen,im Sternenzelt, wird Hightech funkeln.Von einem Ring aus blauen Leuchtdioden wird die neue 21 Meter hohe Kuppel aus Aluminiumblech in bläuliche Weltallfarbe getaucht. Die Firma Carl Zeiss in Jena liefert einen neuen "Modell 9 "-Projektor, der mit Glasfaseroptik ausgestattet ist, Planeten digital anfährt und ein naturgetreues Sternendach in die Kuppel holt. Damit bekommt Hamburg einen der modernsten Sternwerfer. Und für den Zuschauer wird es gemütlich:"Bislang war der Raum für den Vortragenden optimiert -nicht für Besucher ",sagt Thomas Kraupe. Vom Sprecherpult hatte man den besten Blick, nämlich den auf den ereignisreichen Südhimmel. Zuhörer mussten ihre Hälse recken und saßen kaum bequemer als in Wartezimmerstühlen von Arztpraxen. Nun lassen sich die Lehnen zurückklappen; die Sitzreihen steigen nach hinten an.Obendrein wird der Projektor tiefer gelegt:"Nicht die Technik soll im Mittelpunkt stehen, sondern das, was wir zeigen ",sagt Kraupe. Durch die neue Sitzanordnung gibt es künftig eine gemeinsame "Flugrichtung " durch das All für alle Besucher, so Kraupe. Hinter der weltraumblauen Kuppel werden sich künftig Belüftungsanlage und Dolby-Surround-Lautsprecher verbergen. "Wir müssen viel Geld in Bereiche, die nicht sichtbar sind stecken", erläutert der Direktor. Denn auch modernen Feuerschutz-Richtlinien wird der jetzige Bau kaum gerecht. 9,4 Millionen Euro wird der Umbau kosten. Doch selbst damit ließe sich nur das Notwendigste jetzt tun - "so verrückt das bei der Summe klingt", meint Kraupe. Gern hätte der Ex-Münchner noch eine digitale Ganzkuppel Videoprojektionbsanlage. Doch für eine weitere Million Euro fehlt ihm der Sponsor. Auch auf den Anbau eines Cafes im Eingangsbereich muss entgegen den ursprünglichen Plänen verzichtet werden. Kraupes Vorbild ist das Planetarium in New York City, wo der Astrophysiker Ende der 90er-Jahre bei der Umgestaltung half. Neben Live-Vorträgen wird es mehr multimediale Inszenierungen geben. Die Bild- und Tonsequenzen sollen im eigenen Studio oder in Kooperation mit anderen Planetarien entstehen. Begleitende Ausstellungen sollen virtuelle und anfassbare Exponate kombinieren. Als "introvertiertes Gebäude" beschreibt BRT-Architekt Lutz Gnosa den Backsteinturm. "Obwohl die Fassade monumental wirkt, ist der Innenraum nach strengen Regeln gegliedert - nichts ist zufällig." Und vieles hat Potenzial. Vor allem der Stahltank, der 1912 für die Hamburger Trinkwasserversorgung gebaut worden war, inspiriert die Bauplaner. In ihm sollen Besucher eine Art Astronauten-Training absolvieren können - an Seilen schweben wie im All. Vielleicht wird im Wassertank auch die Oberfläche eines fremden Planeten nachgebaut, die dann von ferngesteuerten Robotern erkundet werden kann. Astronomie soll im neuen Planetarium Erlebnis und vor allem interaktiv werden. Unterhalb des Tanks ist ein "Tropfboden" gezogen. Doch dürfen ihn momentan maximal 30 Personen betreten. Das BRT-Büro will den Boden nicht nur stabilisieren, sondern auch mehr als zwei Meter tiefer setzen. Fazit: eine Veranstaltungsebene mit Wassertank-Decke, Balkon-Zugang und Blick auf den Stadtpark. Die multimediale Space-Show im Denkmal - die Kombination gefällt Planetariumsdirektor Kraupe. Das Sternenzelt im Wasserturm mit Blick auf den grünen Park inspiriert: "Natürlich liegt der Schwerpunkt auf der Astronomie, doch geht es mir darum, den Menschen in seiner Umwelt zu zeigen." Gerade auch zum Thema Mensch und Elemente könnte er sich viele Ausstellungen vorstellen. Bei all den Neuerungen gibt es auch einen Wermutstropfen: Die Gesellschaft für volkstümliche Astronomie, die seit 35 Jahren Räume im alten Turm gemietet hat, musste die Räume abgeben. "Wir haben keinen Platz", sagt Thomas Kraupe. "Meine Mitarbeiter sitzen in engsten Büros; ihnen muss ich zunächst Arbeitsplätze bieten." Oliver Rensch, Sprecher des 600 Sterngucker umfassenden Vereins: "Ein abschließbarer Raum für unsere Teleskope würde uns reichen." Vielleicht finden beide Seiten bis zur Wiedereröffnung des Planetariums noch einen Kompromiss. Die alten Stühle des Planetariums werden gleich nach der Schließung ausgebaut und ausgemustert. Wer Interesse an den historischen Sternensesseln hat: Am Freitag, 16. August , 13.30 bis 18 Uhr, können Interessenten sich im Planetarium Sitzschalen des alten Planetariumsaales kostenlos abholen - es sind Kunststoff-Sitzschalen im 70er-Jahre-Design, moosgrün mit festem Sitzpolster, die im Planetarium auf Traversen montiert sind. Eine multimediale Space-Show im Baudenkmal - das Planetarium soll Astronomie zum Erleben und Mitmachen bieten.