Jahrestagung: Im CCH beraten 1000 Mediziner über die Zukunft ihrer Zunft

Deutschlands Herzchirurgen fürchten um ihren Nachwuchs. "Immer weniger entscheiden sich für dieses Spezialgebiet", beklagte Prof. Dr. Hans J. Scheld, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, am Freitag in Hamburg. Zur Jahrestagung seiner Organisation sowie der Kollegen aus Österreich und der Schweiz kommen von Sonntag bis Mittwoch 1000 Mediziner ins Hamburger CCH und berichten über den Stand der Forschung.

Bei einer Umfrage unter den Ärzten aller deutschen Herzchirurgien sei große Unzufriedenheit deutlich geworden, so Scheld. 80 Prozent hätten beklagt, dass sie zu viel mit Verwaltungsarbeit beschäftigt seien, 60 Prozent die Attraktivität der Ausbildung kritisiert. 80 Prozent seien auch gegen das neue Arbeitszeitgesetz, das die ärztliche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden begrenzt. "An einem 7,5-Stunden-Tag kann man keine Herzchirurgie erlernen", sagte Tagunspräsident Prof. Dr. Reiner Körfer. Bei einem Schichtdienst der Ärzte ging außerdem zu viel Zeit bei der Übergabe der Informationen von einer Schicht zur nächsten verloren. Außerdem würden die Patienten erwarten, dass sie innerhalb weniger Stunden nicht ständig von anderen Ärzten behandelt würden.

60 Prozent aller herzchirurgischen Eingriffe sind Bypass-Operationen. Die Patienten sind im Durchschnitt zunehmend älter. Prof. Körfer: "Fast jeder Zweite ist über 70." Er habe im Herzzentrum in Bad Oeynhausen allein in diesem Jahr drei Patienten operiert, die älter als 90 Jahre seien. "Noch vor drei Jahren war das undenkbar." Auch bei Herztransplantationen gebe es keine Einschränkung durch das Alter, wie sie in vielen europäischen Ländern üblich sei. "Ich hoffe, es wird bei uns nicht dahin kommen", sagte Körfer.

Die Herzchirurgie in Deutschland gehöre weltweit zu der besten, "wir können uns am Standard auch der USA messen", so Körfer. Immer mehr gebe es auch technische Alternativen zu Herztransplantationen, zumal Spenderherzen knapp seien. So könne man leistungsstarke Minipumpen implantieren, die vorhandene Herzleistung unterstützen und zum Beispiel die Zeit bis zu einer Transplantation überbrücken. Als "kritikwürdig" bezeichnete Körfer bisherige Ergebnisse über die Injektion körpereigener Stammzellen in infarktgeschädigtes Herzgewebe. Um "Pro und Kontra - Embryonale Stammzelltherapie" geht es zum Kongress-Ende am Mittwoch, 18. Februar, in einer öffentlichen Podiumsdiskussion (10.30 Uhr, CCH), an der auch Hamburgs Erzbischof Werner Thissen teilnimmt.