Papilloma-Viren: Infektionen mit diesen Viren tragen entscheidend zur Entstehung des Gebärmutterhalskrebses bei. Ein Forscherteam aus dem Universitätsklinikum Eppendorf will in einer Studie beweisen, dass eine Impfung den Tumor verhindern kann

Bei 98 Prozent der Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs leiden, findet man Papilloma-Viren. Eine Infektion mit diesem Virus ist der entscheidende Faktor für die Entstehung dieses Krebses", sagt Prof. Fritz Jänicke, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Eppendorf. Um dieses Risiko auszuschalten, wollen die Mediziner der UKE-Frauenklinik jetzt in einer großen Studie 170 Frauen gegen Papilloma-Viren impfen. An der Untersuchung werden weltweit mehr als 5000 Frauen teilnehmen. "In dieser Studie wollen wir beweisen, dass eine Impfung gegen Papilloma-Viren den Gebärmutterhalskrebs verhindern kann", so Jänicke weiter. Der Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die dritthäufigste Krebserkrankung der weiblichen Bevölkerung. Jedes Jahr erkranken in Deutschland 6800 Frauen neu an diesem Tumor. Weltweit sind es jährlich 500 000 Frauen und 350 000 pro Jahr sterben daran. Infektionen mit Papilloma-Viren sind weit verbreitet. "70 Prozent der Bevölkerung hatten einmal im Leben Kontakt mit dem Papilloma-Virus", betont Dr. Friederike Gieseking, Oberärztin in der UKE-Frauenklinik. Das Virus wird durch sexuelle Kontakte übertragen und kann bei Männern und Frauen gleichermaßen zu einer Infektion führen. Als Risikofaktoren für die Infektion gelten die frühe Aufnahme des ungeschützten Geschlechtsverkehrs und häufig wechselnde Partner. Nachgewiesen wird das Virus mit molekularbiologischen Methoden durch einen Abstrich vom Muttermund. Allerdings kommt es nur bei wenigen infizierten Frauen zur Entstehung eines Krebses. "Bei acht Prozent dieser Frauen kommt es zu Zellveränderungen am Muttermund, die sich zu einem Krebs entwickeln können", so Gieseking. Je nach Ausprägung der Veränderungen würden diese Vorstufen in drei Stadien eingeteilt. Bei schweren Zellveränderungen komme es in bis zu 20 Prozent zur Entstehung von Krebs. Allerdings könnten sich die Zellveränderungen auch in jedem Stadium von allein wieder zurückbilden. "Damit eine Papilloma-Infektion zu einem Tumor führt, braucht der Virus auch den Boden, auf dem er ungehindert seine bösartige Wirkung entfalten kann", erläutert Jänicke. Dabei spielen bestimmte Mechanismen des Immunsystems eine Rolle. "Es gibt bestimmte genetische Eigenschaften, die die Entstehung des Tumors begünstigen", erklärt Prof. Christoph Thomssen, Oberarzt an der Frauenklinik. Auch eine Schwäche des Immunsystems, zum Beispiel durch Medikamente nach Transplantationen oder eine HIV-Infektion, könne die Entwicklung eines Tumors fördern. Das Papilloma-Virus verursacht die bösartigen Zellveränderungen, indem es sein Erbmaterial in die Zellen am Gebärmutterhals einschleust und so bewirkt, dass sie sich in Krebszellen oder deren Vorstufen verwandeln. "Die Therapie richtet sich danach, wie weit die Zellveränderungen fortgeschritten sind", sagt Dr. Gieseking. Bei geringgradigen Veränderungen reicht es zunächst aus, regelmäßig Kontrollen durchzuführen, weil sich diese Veränderungen auch wieder zurückbilden können", so die Gynäkologin weiter. Bei fortgeschrittenen Veränderungen werde das Gewebe operativ entfernt. "Die Art des operativen Eingriffs richtet sich dann individuell nach den Bedürfnissen der Patientin und ist zum Beispiel davon abhängig, ob sie noch Kinder haben möchte oder nicht", betont Dr. Gieseking. Heutzutage haben die Gynäkologen Verfahren, wie zum Beispiel die Entfernung solcher Zellen mit einer Elektroschlinge oder einem Laser, zur Verfügung. Dank dieser Methoden ist es möglich, krankes Gewebe so schonend zu entfernen, dass auch junge Frauen, bei denen solch ein Eingriff nötig wird, später noch ohne Probleme eine Schwangerschaft austragen können. "Häufig kann man nach der Operation das Papilloma-Virus nicht mehr nachweisen", sagt Friederike Gieseking. Man müsse aber bei diesen Frauen regelmäßig lebenslang Kontrollen durchführen, um rechtzeitig zu erkennen, ob erneut eine Infektion mit dem Virus stattgefunden habe. Wird der Gebärmutterhalskrebs rechtzeitig erkannt, kann er heutzutage oft geheilt werden. "In Frühstadien liegt die Überlebensrate über 90 Prozent. In den Stadien zwei und drei nur noch bei 30 bis 40 Prozent", so Jänicke. Die Einteilung der Stadien richtet sich danach, wie groß der Tumor ist, wie weit er sich bereits ausgebreitet hat und ob die nächstliegenden Lymphknoten mitbefallen sind. Am häufigsten betroffen von diesem Krebs sind Frauen zwischen fünfzig und sechzig Jahren, aber er kann auch schon bei jungen Frauen auftreten. Deswegen empfehlen die Hamburger Mediziner aus dem UKE, dass alle Frauen ab dem Zeitpunkt, wo sie Geschlechtsverkehr haben, regelmäßig einmal jährlich zur Vorsorgeuntersuchung zu ihrem Frauenarzt gehen. "Dort wird dann ein Abstrich vom Muttermund entnommen und auf Zellveränderungen untersucht", erläutert Dr. Gieseking. Die Sicherheit des Testes beträgt bei jährlicher Durchführung zirka 90 Prozent. "Deswegen ist es besonders wichtig, jedes Jahr regelmäßig diese Untersuchung durchführen zu lassen", betont die Gynäkologin. Durch regelmäßige Untersuchungen lassen sich die Krebsvorstufen frühzeitig erkennen. Denn bis sich aus den Vorstufen ein Krebs entwickelt, dauert es im Durchschnitt fünf bis sieben Jahre. Dass diese Früherkennung in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich zur Verminderung der Gebärmutterhalskrebserkrankungen beigetragen hat, zeigen auch folgende Zahlen: "In den 50er-Jahren gab es in Deutschland 25 bis 30 Gebärmutterhalserkrankungen auf 100 000 Frauen pro Jahr, 15 von 100 000 sind daran gestorben. Heutzutage haben wir nur noch 8,8 dieser Tumoren bei 100 000 Frauen und ein bis zwei Todesfälle pro Jahr", so Thomssen. Jetzt wollen die Mediziner mit der Impfung die Erkrankungsrate weiter senken. Im Rahmen dieser so genannten Future-Studie werden die Frauen dreimal innerhalb eines Jahres mit einer Spritze in die Oberarmmuskulatur geimpft. Der Impfstoff ist gegen vier Arten des Papilloma-Virus wirksam, gegen zwei, die für den Gebärmutterhalskrebs verantwortlich gemacht werden, und gegen weitere zwei Typen, die Feigwarzen im Genitalbereich hervorrufen können. Alle Teilnehmerinnen werden über vier Jahre beobachtet. "Die Verträglichkeit des Impfstoffes ist bereits in großen Studien getestet und nachgewiesen", betont Jänicke. Für die Studie werden Frauen zwischen 18 und 23 Jahren gesucht, die in den kommenden vier Jahren regelmäßig zu Kontrollen ins UKE kommen können. Weitere Informationen :

Das Studien-Team: Prof. Fritz Jänicke, Prof. Christoph Thomssen, Dr. Jörg Dose, Dr. Friederike Gieseking, Dr. Katja Behrens, Christina Enzmann und Kerstin Wolff. Frauen, die an der Studie teilnehmen wollen, können sich ab sofort an das UKE wenden, unter der Telefonnummer 0180-5-08 88 11, montags bis freitags von 9 bis 22 Uhr.