Mit einem Röntgenlaser gelang erstmals eine atomgenaue Darstellung

Hamburg. Zum ersten Mal haben Forscher mit einem Röntgenlaser ein kleines Biomolekül fast bis auf das Atom genau abgebildet. Der energiereiche Röntgenblitz ließ noch Strukturen von rund 0,19 Nanometer Größe deutlich erkennen - das ist nur wenig mehr als der Durchmesser eines Wasserstoffatoms. "Das erlaubt uns, bisher unkartiertes Gelände der Biologie zu erkunden", sagt Henry Chapman vom Deutschen Elektronensynchrotron (Desy) in Hamburg, einer der Autoren der im Fachmagazin "Science" veröffentlichten Studie. Denn mit solchen Röntgenlasern könnten nun auch Moleküle untersucht werden, deren Struktur herkömmliche Methoden nicht abbilden können - beispielsweise Eiweiße aus der Membran von Zellen.

Die Struktur von Biomolekülen ist von großer Bedeutung für Medizin und Biologie, denn ihre Funktion hängt oft von ihrer genauen Form ab. So verbinden sich viele dieser biologisch aktiven Substanzen nur mit ganz bestimmten Andockstellen an Zellen oder Organen. Um neue Medikamente zu entwickeln, ist es meist entscheidend, die genaue Form solcher Andockstellen und ihrer Schlüssel zu kennen.

Die Struktur vieler Biomoleküle lässt sich jedoch mit herkömmlichen Methoden nur schwer bestimmen. Denn dafür müssen die Substanzen in oft aufwendigen Verfahren in größere Kristalle umgewandelt werden. Werden diese Kristalle dem Röntgenlicht ausgesetzt, streut ihr regelmäßiges Atomgitter die Strahlung und bildet dabei ein bestimmtes Beugungsmuster. Dieses verrät die Struktur des Moleküls. Viele Biomoleküle lassen sich jedoch nicht in ausreichend große Kristalle umwandeln. Meist werden sie zudem von der energiereichen Röntgenstrahlung zerstört, bevor ein Bild entsteht.

Das Experiment des internationalen Teams zeigt nun, dass die sogenannten Freie-Elektronen-Laser (FEL) Abhilfe schaffen können. Denn die Röntgenblitze dieser Instrumente sind so hell, dass bereits winzigste Kristalle und sehr wenig Zeit ausreichen, um gute Beugungsbilder aufzunehmen. "Der Schlüssel sind die ultrakurzen Pulse - es zeigt sich kein Schaden, bevor der Röntgenpuls nicht schon vorbei ist", sagt Desy-Forscher Anton Barty.

Zunächst erzeugten die Forscher winzige, maximal drei Mikrometer kleine Kristalle des Biomoleküls Lysozym aus dem Hühnereiweiß. Diese Kristalle leiteten sie, vermischt mit einer Flüssigkeit, durch den pulsierenden Strahl des Röntgenlasers am SLAC National Accelerator Laboratory im kalifornischen Menlo Park. Trafen die Röntgenpulse auf ein Lysozym-Molekül, entstand ein Beugungsmuster, aus dem die Forscher die Struktur des Moleküls rekonstruieren konnten.