Hamburger Spezialist leitet europäische Studie zu Aortenklappen mit Kunststoff, die sich genauer platzieren lassen

Hamburg. Erkrankungen der Herzklappen können bei alten Patienten und Menschen mit anderen schweren Erkrankungen heute mit schonenden Katheterverfahren behandelt werden. So wird eine defekte Aortenklappe zwischen linker Herzkammer und der Hauptschlagader durch eine neue ersetzt, die durch einen Katheter bis zum Herzen vorgeschoben und dort entfaltet wird. Der Herzspezialist Prof. Joachim Schofer mit seinem Team am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Mathey/Schofer in Hamburg verwendet jetzt dafür weltweit erstmalig eine neuartige Klappe, die gegenüber bisherigen Modellen entscheidende Vorteile bieten soll.

"Die bisherigen Klappen bestehen aus einem Metallgerüst und einer biologischen Herzklappe. Der Nachteil liegt darin, dass die Position dieser Klappe nicht mehr korrigiert werden kann, wenn sie einmal entfaltet wurde. In fünf bis zehn Prozent der Fälle kommt es zu Fehlpositionen. Wird die neue Herzklappe zu niedrig eingesetzt, kann es zu neuen Undichtigkeiten kommen. Sitzt sie zu hoch, kann sie den Blutfluss in die Herzkranzgefäße behindern", sagt Prof. Schofer, medizinischer Leiter des Versorgungszentrums. Bei der neuartigen Aortenklappenprothese hingegen lässt sich die Position auch nachträglich noch verändern. Die Prothese besteht aus zwei Kunststoffringen, die durch eine Kunststoffhülle verbunden sind und zwischen denen sich die eigentliche biologische Herzklappe befindet.

"Man führt die Klappe in nicht entfaltetem Zustand in die linke Herzkammer ein. Dann wird der untere Ring in der linken Herzkammer durch das Auffüllen mit einer Kochsalzlösung entfaltet. Im nächsten Schritt wird die neue Klappe an drei Halteseilen in ihre richtige Position manövriert und schließlich der zweite Ring oberhalb der natürlichen Herzklappe gefüllt", erklärt Schofer.

Der Sitz der Prothese werde überprüft und lasse sich korrigieren, indem die Flüssigkeitsmenge in den beiden Ringen verändert werde. "Erst wenn die Klappe richtig sitzt, wird die Kochsalzlösung in den Ringen gegen ein Kunststoffgel ausgetauscht, das innerhalb von 90 Minuten aushärtet" sagt der Herzspezialist. Zusätzlicher Vorteil nach Auskunft des Mediziners: "Dadurch, dass die Kunststoffhülle die alte Klappe komplett überdeckt, ist auch die Gefahr geringer als bei den Metallgerüsten der herkömmlichen Klappen, dass Kalksplitter abgesprengt werden, die ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall verursachen können."

Schofer leitet die europäische Studie, in der die neue Klappe bei 100 Patienten eingesetzt und wissenschaftlich untersucht werden soll. Seit Anfang des Jahres hat er bereits bei acht von europaweit 21 Patienten die neue Klappe verwendet. Aortenklappenfehler können angeboren sein oder durch Entzündungen und Verschleiß entstehen. Am häufigsten kommt eine Verengung (Stenose) vor.