Hamburger Physiker entwickeln Spinspiralen für neuartige Computerchips

Hamburg. Wer hat sich nicht schon mal geärgert, dass seinem Smartphone oder Notebook unterwegs der Saft ausgegangen ist? Der Stromverbrauch ist zwar zu einem erheblichen Teil den hungrigen Bildschirmen geschuldet, eine wichtige Rolle spielen aber auch die Chips in den Geräten.

Abhilfe schaffen könnte womöglich eine Technik, die Hamburger Forscher um den Physiker Dr. Alexander Khajetoorians vor einem Jahr vorstellten: Ihr sogenanntes Spintronik-Logik-Bauteil funktioniert wie die grundlegende Einheit eines Chips, nur dass es nicht aus Transistoren besteht, sondern aus einzelnen Atomen und keinen Strom nutzt, um Daten zu "schalten", sondern die magnetische Ausrichtung der Elektronen in den Atomen - den Spin.

Jetzt legen die Forscher nach: Der Physiker Dr. Matthias Menzel hat mit Kollegen aus Kiel und Jülich einen Weg gefunden, wie Informationen in solchen neuartigen Chips auch fast ohne Strom transportiert werden könnten, nämlich durch Ketten aus Eisenatomen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Journal "Physical Review Letters."

In herkömmlichen Computerchips werden Elektronen unter dem Einfluss einer elektrischen Spannung dazu gebracht, Transistoren elektrisch zu laden oder zu entladen. Eine Einstellung steht für Null, die andere für Eins, die Zeichen des digitalen Alphabets - Bits. Viele Einsen und Nullen bilden Informationen, mit denen ein Computer arbeitet. Der neue Ansatz, die Spintronik, macht sich zunutze, dass die Elektronen sich drehen, wobei sie ein magnetisches Moment erzeugen. Sie weisen dann wie winzige Kompassnadeln in eine Richtung. Wird festgelegt, ob etwa der Spin nach oben für eine Eins oder eine Null steht, kann die so abgelegte Information auch gelesen werden.

Matthias Menzel untersuchte mit einem Rastertunnelmikroskop Ketten aus Eisenatomen auf einer Iridium-Oberfläche. Dabei stellte er fest, dass sich die Drehung der Elektronen, ihr Spin, innerhalb der Kette fortsetzt wie in einer Spirale. Man könne sich diese "Spinspiralen" auch wie eine Schraube vorstellen, sagt Menzel. Drehe man diese am Kopf, pflanze sich die Drehung bis zur Spitze fort. Das heißt, wenn die magnetische Ausrichtung des ersten Eisenatoms in der Kette festgelegt wird, folgt daraus automatisch die Ausrichtung der anderen Atome. Für die Datenübertragung bedeutet das: Zeigt der erste, beispielsweise als Eins definierte Spin nach oben, tut dies auch der letzte Spin. Zwar ist Strom nötig, um den ersten Spin festzulegen, die folgende Aktion läuft jedoch stromfrei. Dabei entsteht auch keine Wärme wie in herkömmlichen Prozessoren.

Noch ist das Grundlagenforschung. Doch in 20 Jahren, so schätzt Projektleiter Prof. Roland Wiesendanger, könnten Computerchips mit Spintronik-Technik Realität werden.