Der Sternenhimmel über Hamburg im Mai

Hamburg. Lange müssen wir jetzt abends warten, bis wir einen einigermaßen dunklen Himmel mit Sternen genießen können, denn die Sonne geht im Mai sehr spät unter. Erst gegen 1 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit wird es bei uns in Norddeutschland dunkel genug, um auch die lichtschwächeren Sterne sehen zu können.

Die "astronomische Dämmerung" dauert jetzt die ganze Nacht an, weil die Sonne selbst um Mitternacht weniger als 18 Grad unter dem Nordhorizont steht. Nach der Neumondstellung morgen, am 3. Mai, trägt zusätzlich unser Erdtrabant mit seinem milden Schein zur Aufhellung des Abendhimmels bei. Bis zum 17. Mai wird er zum prallen Vollmond im Sternbild Waage, der die ganze Nacht hell leuchtend am Himmel steht.

Es ist typisch für diese Jahreszeit, dass die sieben Sterne des Großen Wagens nun hoch über unseren Köpfen stehen. Der Große Wagen ist nur der hellere Teil des viel größeren Sternbildes Großer Bär. Verlängern wir den Bogen der Wagendeichsel, so führt er uns zum hellen rötlichen Stern Arktur im Bärenhüter. Der Sage nach treibt er den Großen Bären vor sich her.

Ziehen wir den Deichselbogen über Arktur hinaus noch weiter nach Süden, so treffen wir auf Spica, den bläulich funkelnden, hellen Hauptstern des Tierkreissternbildes Jungfrau. Rechts neben Spica leuchtet goldgelb der Planet Saturn. Er ist der einzige Planet, den wir jetzt nachts gut erkennen - bis in die frühen Morgenstunden. Saturn, den unsere schnellere Erde im April überholte, bewegt sich noch immer "rückläufig" auf den Stern "Gamma Virginis" zu: Zu Monatsbeginn ist Saturn noch anderthalb Grad östlich ("links"). Bis zum Monatsende rückt er bis auf weniger als ein Drittelgrad an diesen deutlich schwächeren Stern heran. Saturn zeigt damit deutlich, dass er im Unterschied zu diesem "Fixstern" tatsächlich zu Recht als Planet - als "Wanderstern" - bezeichnet wird.

Zwischen Denebola und Arktur stoßen wir halbhoch im Süden auf ein lichtschwaches Häuflein von Sternen, die seit dem 17. Jahrhundert das unscheinbare Sternbild "Haar der Berenike" markieren sollen. Berenike war eine ägyptische Königin, deren Haarpracht der Sage nach von Zeus persönlich an den Himmel versetzt wurde.

Hoch im Osten zeigen sich schon die Sommersternbilder: das ausgedehnte Sternbild Herkules folgt dem Bärenhüter, und die nördlichsten Sterne des Sommerdreiecks - die helle Wega in der Leier und Deneb im Schwan - steigen im Nordosten herauf.

Auf der Verbindungslinie von der rötlichen Riesensonne Arktur im Süden hin zur bläulich-weißen Wega im Osten stoßen wir zunächst, auf etwa einem Drittel des Weges, auf den halbkreisförmigen Sternenbogen der "Nördlichen Krone" und weiter Richtung Wega auf das trapezförmige Herzstück des Herkules. Wer nach Mitternacht zum Himmel schaut, der entdeckt bereits die typischen Sterne des Sommers: das vollständige Sommerdreieck und, gen Morgen, im Süden der Skorpion.

Der "Morgenstern" Venus taucht erst in der hellen Morgendämmerung auf und ist nur noch schwer zu sehen. Schon im April hat ihr Rückzug vom Morgenhimmel begonnen. Jetzt im Mai muss man ihr förmlich auflauern. Etwa 20 Minuten vor Sonnenaufgang kann es geübten Beobachtern noch gelingen, die helle Venus knapp über dem Ostsüdosthorizont aufzustöbern. Dies lohnt besonders am Morgen des 11. und 12. Mai, denn Venus zieht dann weniger als ein Grad südlich am Planeten Jupiter vorbei - und dazu gesellen sich auch noch Merkur und Mars.

Am 12. Mai sind alle vier Planeten innerhalb eines Winkelbereichs von sechs Grad konzentriert. Diese "Viererbande" aus Planeten ist die schönste Planetenbegegnung des Jahres - aber leider ist sie nur in südlicheren Breitengraden als spannender "Tanz der Wandergestirne" erlebbar - in unseren hohen nördlichen Breiten ist davon kaum etwas zu sehen, da die Planeten horizontnah im Licht der Morgendämmerung verborgen bleiben. Allenfalls Venus und Jupiter sind hell genug, um sich gerade eben gegen die zunehmende Tageshelle zu behaupten.

Obwohl wir uns mit der Erde etwa in ihre Richtung um die Sonne bewegen, enteilen uns die Planeten Merkur und Venus. Sie verschwinden bis zum Monatsende zunehmend im Glanz der Sonne. Mit den langsameren Planeten Mars und Jupiter haben wir etwas mehr Glück: Am Monatsende geht Jupiter bereits fast anderthalb Stunden vor der Sonne auf und löst den "Morgenstern" Venus ab. Mars bleibt bei uns leider noch unbeobachtbar und der Ringplanet Saturn somit der einzige Planet, der im Mai nachts zu sehen ist.