Erstmals konnte die kollektive Lamb-Verschiebung bei Atomen beobachtet werden

Eine Gruppe gleicher Atome verhält sich bei Einstrahlung von Licht anders als ein Einzelatom. Gemeinsam leuchten die Atome in längerwelligem Licht, als das ein einzelnes Atom tun würde. Dieser Effekt - kollektive Lamb-Verschiebung genannt - konnte jetzt erstmalig von einer Forschergruppe um Dr. Ralf Röhlsberger vom Helmholtz-Forschungszentrum Desy nachgewiesen werden. Die Wissenschaftler von Desy, der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF (Frankreich) und der Universität Leuven (Belgien) wiesen damit einen Effekt nach, der vor mehr als 35 Jahren theoretisch vorhergesagt wurde, sich aber stets dem Experiment entzog.

Die Lamb-Verschiebung - oder Lamb-Shift - ist eine kleine Änderung der Schwingungsfrequenz von Elektronen im Atom. Sie wird sichtbar, wenn man Atome mit Licht zum Leuchten anregt. Die Frequenzverschiebung entsteht dadurch, dass das angeregte Atom sein Licht erst einige Male abstrahlt und wieder selbst absorbiert, bevor es in seinen Grundzustand zurückkehrt. Die Entdeckung der Lamb-Verschiebung im Wasserstoff gab 1947 den Anstoß zur Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) als einheitliche Theorie der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Für seine Entdeckung erhielt der US-amerikanische Physiker Willis Lamb 1955 den Nobelpreis.

Für ihre Experimente entwickelten die Wissenschaftler um Röhlsberger eine neue Messmethode: Sie platzierten an der ESRF in Grenoble ein Ensemble von Eisen-57-Atomen zwischen zwei nur wenige Nanometer voneinander entfernte Platinspiegel und bestrahlten diese Anordnung mit Röntgenstrahlung. Auf diese Weise konnten sie tatsächlich die vorhergesagte kollektive Frequenzverschiebung messen. So ist das Licht, das von den kollektiven Atomen ausgesendet wird, energieärmer und somit deutlich ins Rote verschoben im Vergleich zur Abstrahlung eines einzelnen Atoms.