Würzburg. Bei der Suche nach Auslösern der Nervenkrankheit Multiple Sklerose (MS) haben deutsche Wissenschaftler neue Erkenntnisse gewonnen. Womöglich entscheidet der Körper unter bestimmten Umständen zwischen zwei Übeln: dem Tod des Erkrankten (im Extremfall), weil sich Krankheitserreger ausbreiten könnten. Oder das Immunsystem lässt eine Zerstörung von Nervenzellfortsätzen zu, wie sie für die MS typisch ist. Die Gruppe um Prof. Thomas Hünig von der Universität Würzburg stellt ihre Experimente an Mäusen im Fachjournal "Immunity" vor.

Bei der MS greift das Immunsystem Zellen an, die die Nervenzellfortsätze umgeben. Schon länger wird vermutet, dass bestimmte weiße Blutkörperchen (sogenannte Killer-T-Zellen) an der Zerstörung der Markscheiden beteiligt sind. Es gibt verschiedene Hypothesen zur Ursache von MS: Infektionen, genetische Anlagen und Umwelteinflüsse werden diskutiert.

Die Forscher infizierten nun Mäuse mit Listerien (Bakterien) auf zweierlei Art: In der Körperperipherie und direkt im Hirn. Listerien teilen ein Eiweiß mit den Nervenschutzzellen. Die Killerzellen wurden aktiv im Kampf gegen die Erreger, griffen aber auch fälschlicherweise die Nerven an. Lag die Infektion direkt im Gehirn vor, wurde dieser Angriff zugelassen, und MS-typische Veränderungen traten auf. Erfolgte die Infektion außerhalb des Gehirns, so ließ das Immunsystem die Nerven jedoch in Ruhe.