Weil dem Italiener Luca Parmitano Flüssigkeit in seinen Anzug lief, mussten der Esa-Astronaut und sein US-Kollege Chris Cassidy abrupt von einem Einsatz an der Internationalen Raumstation ISS zurückkehren.

Moskau/Cape Canaveral/Washington. Dramatische Minuten außerhalb der ISS: Weil der Helm des Astronauten Luca Parmitano mit Wasser voll lief, musste ein Außeneinsatz an der Internationalen Raumstation umgehend abgebrochen werden.

Gleich nach der Mitteilung des Italieners an die Bodenstation habe Flugdirektor David Korth das vorzeitige Ende der Mission angeordnet, teilte die US-Raumfahrtbehörde Nasa am Dienstag mit. Bis dahin hatte der auf mehr als sechs Stunden ausgelegte Einsatz im All keine 60 Minuten gedauert. Der Familienvater aus Sizilien blieb unverletzt.

Das Problem sei aufgefallen, als ein Kohlendioxid-Sensor in Parmitanos Raumanzug nicht mehr funktioniert habe, sagte Nasa-Flugdirektor Korth bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag (Ortszeit) in Houston im US-Bundesstaat Texas.

Kurze Zeit später habe der Astronaut der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa über Wasser an seinem Hinterkopf geklagt, das sich später an seinen Ohren vorbei verteilte und schließlich auch in Augen, Mund und Nase lief, so dass Parmitano nur noch schwer sehen und hören konnte.

Die Mission wurde abgebrochen und der Italiener kletterte sofort wieder in die ISS in rund 417 Kilometern Höhe. Sein US-Kollege Chris Cassidy kehrte nach Aufräumarbeiten ebenfalls vorzeitig in die Station zurück.

Als Parmitano seinen Raumanzug auszog, waren bereits rund anderthalb Liter Wasser darin. Dem Astronauten gehe es jedoch gut, er scheine keine gesundheitlichen Schäden davongetragen zu haben, teilte die Nasa mit. „Er sieht elend aus. Aber er ist ok“, versicherte Cassidy der Bodenkontrolle.

Unklar, woher das Wasser kam

Wie das Wasser in den Helm des Astronauten gelangen konnte und woher es kam, war zunächst unklar. Ingenieure würden derzeit nach der Ursache suchen, teilte die Nasa mit. In dem Raumanzug befinden sich unter anderem ein Trinkbeutel und ein Kühlungssystem, das rund 3,8 Liter Wasser enthält.

Möglicherweise stammte das Wasser aus der Trinkflasche am Helm, aus der die Astronauten während ihrer stundenlangen Außenbordeinsätze trinken. Parmitano erklärte aber nach seiner Rückkehr auf die ISS, dass die Flüssigkeit nicht nach Trinkwasser geschmeckt habe.

Auch Nasa-Wissenschaftlerin Karina Eversley sagte, es sei unwahrscheinlich, dass das Wasser aus dem Trinkbeutel gekommen sei. „Wir haben hier anscheinend ein Problem, dass wir noch nicht ganz verstehen“, sagte Nasa-Manager Kenneth Todd. Der Einsatz könne erst wiederholt werden, wenn die Ursache des Lecks geklärt sei, sagte der Leiter des Moskauer Esa-Büros, René Pischel. Einen möglichen Termin gebe es noch nicht.

Parmitano klagte schon zuvor über Wasser

Parmitano soll der Agentur Interfax zufolge bereits beim Außeneinsatz in der Vorwoche über Wasser im Helm geklagt haben. Gemeinsam mit Cassidy wollte der 36-Jährige mehrere Aufgaben abschließen, die die Männer vor einer Woche begonnen hatten.

Geplant war, dass sie Kabel für das russische Modul „Nauka“ (Wissenschaft) verlegen. Dieses soll im Spätherbst an der ISS andocken. Außerdem wollten sie eine Kamera austauschen. Vorgesehen waren auch Wartungs- und Inspektionsarbeiten. Die drei russischen Kosmonauten an Bord der ISS waren nicht direkt an dem Einsatz beteiligt.

Die Nasa bricht nur selten Außenbordeinsätze an der ISS ab. Doch am Dienstag hatte die Weltraumbehörde keine andere Wahl. Der Italiener hätte an den schwebenden Wassertropfen ersticken können, zum Schluss konnte er weder hören noch sprechen. „Es ist viel Wasser“, sagte Parmitano noch, bevor seine Mitastronauten, die das Drama von der Raumstation aus verfolgt hatten, ihm nach seiner Rückkehr den Helm vom Kopf rissen.

Die Nasa lobte das ISS-Team für die schnelle Reaktion und ordnete einen Funktermin des Astronauten mit Flugärzten an, um gesundheitliche Schäden auszuschließen. Ingenieure der Raumfahrtorganisation untersuchten mögliche Ursachen des Lecks.

ISS-Bauteil stürzt Richtung Erde

Es war der schnellste Abbruch eines Außenbordeinsatzes an der ISS seit 2004, als russische und amerikanische Astronauten nach nur 14 Minuten wegen Problemen mit den Raumanzügen wieder zurück in die Raumstation beordert wurden. Parmitano ist der erste italienische Astronaut, der sich frei im All bewegt hat. Es war der zweite Weltraumspaziergang seiner Karriere.

Unterdessen stürzte ein elf Kilogramm schweres Bauteil von der ISS in Richtung Erde, das einem Kosmonauten bei einem Außeneinsatz im April aus den Händen geglitten war. Es bestehe keine Gefahr für Menschen und Gebäude, betonte eine Sprecherin der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. Das „kosmische Objekt Nummer 39141“ sollte beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen.